1070 km in 36 Stunden
SpVgg Greuther Fürth – FC Ingolstadt 04
25.10.2013, 2. Bundesliga, Trolli Arena, Endstand: 0:1
1. FSV Mainz 05 – Eintracht Braunschweig
26.10.2013, Bundesliga, Coface Arena, Endstand: 2:0
Tag 1
Franken statt Pott
Die Entscheidung für das Freitagabendspiel fiel zwischen Wattenscheid und Fürth, und bekanntermaßen zugunsten der Franken. Gründe hierfür waren… tja… ähh… klar: Die fränkische Küche, in Form der Empfehlungen zweier netter User des Clubfans-United-Blogs auf Grund unseres Interviews dort. Aber was fällt einem denn speziell zu Fürth ein? Gut, die Derby-Nähe zu Nürnberg, niedliche Arenanamen, Mike Büskens und kürzlich eine Saison Bundesliga für die ehemals Unaufsteigbaren, deren Name sich aus der Fusion der SpVgg Fürth und des TSV Vestenbergsgreuth ergab. Nicht bekannt war uns zu dem Zeitpunkt, dass dort ca. 120.000 Menschen leben, das Kleeblatt tatsächlich das Stadtwappen ist und die Stadtfarben Grün und Weiß sind. Zwischen Nürnberg und Fürth fuhr 1835 mit der Adler-Lok die erste Dampfeisenbahn in Deutschland. Bekannte Söhne der Stadt sind Altkanzler Ludwig Erhard und der spätere US-Außenminister Henry Kissinger.
Was Dunfermline für Wilhelmshaven ist Paisley für Fürth – nämlich schottische Partnerstadt. Zur Erinnerung: St. Mirren FC kommt aus Paisley, ebenso wie William Wallace, den Mel Gibson in Braveheart verkörperte. Nebenbei bemerkt könnte man den Stadtvätern und -müttern eine gewisse Schlüpfrigkeit bei der Benennung der Stadtteile unterstellen: Atzenhof, Poppenreuth, Ritzmannshof, Sack… um nur einige zu nennen.
Auf dem Weg vom Bahnhof zur Pension Central in der Katharinenstraße passierten wir gleich am Centaurenbrunnen einen netten kleinen Markt, die üppige Fußgängerzone, das von der Bauweise her recht interessante Rathaus und die Tanzschule Streng, vor deren Pforten bereits eine stattliche Horde Teenager wartete. Als wir nach unkompliziertem Bezug des gemütlichen Zimmers (Zweibett, 49,- inkl. Frühstück) Richtung Stadion gingen und erneut dort vorbeikamen, schunkelten Mädchen und Jungen sich zu grausiger Musik mal mehr, mal weniger angestrengt übers Parkett – dank der riesigen und wegen des warmen Wetters teils geöffneten Fensterfront gut zu beobachten. In der Königstraße erwischten wir noch einen Shuttlebus, der uns allerdings schon nach wenigen Minuten am Friedhof rausließ. Der grün-weißen Menge folgend wurde schnell klar, dass der Getränkemarkt in unmittelbarer Nähe noch ein gutes Geschäft machte, frei nach dem Motto: Last drink before kick-off. In Braunschweig hat man da ja auch so seine Anlaufstellen, eigentlich eine schöne Routine.
Stimmungsschwankungen
In der Arena zeigte sich die Nordtribüne mit dem Stimmungsblock gut gefüllt, in den anderen Bereichen, auch bei den Gästefans, zeigten sich dann doch Lücken, was bei einem Spiel des Tabellendritten gegen das Schlusslicht vielleicht nicht untypisch ist. Dennoch hatte ich mir für ein fränkisch-bayrisches Duell doch etwas mehr als 10.025 Besucher versprochen. Nach der Pleite gegen St. Pauli wollten die Gastgeber nun wieder Punkte sammeln, erlitten aber bereits in der 9. Minute einen weiteren Tiefschlag in Form des einzigen Treffers dieser Partie. Der auffällige Da Costa passte zu Groß, der per direktem Hackentrick Moritz Hartmann bediente – der kam aus eigentlich zu weit abgedrängter Position trotz Gegenspieler einfach zum Abschluss, und das Leder rutschte unter Keeper Hesl hindurch ins Netz. Anscheinend ein zu großer Schock für das Kleeblatt, denn bis zur Pause waren wenn überhaupt die Schanzer gefährlich. Trotzdem feuerte die Nordkurve ihr Team weiter an, während die Stimmung auf den Sitzplätzen teils fatalistische Ausmaße annahm – gut zu hören in unserem Video. Mit Pfiffen wurden die Fürther in die Pause verabschiedet.
Im zweiten Durchgang verstärkten die Grün-Weißen ihre Offensivbemühungen und kamen auch zu Chancen, die aber kläglich vergeben wurden: Einmal aus 3 Metern übers Tor (Füllkrug), einmal aus 5 Metern Torwart Özcan aufs Knie geköpft (Mudrinski). Auf der anderen Seite verpasste Eigler die Entscheidung, als er sich frei vor Hesl den Ball durch einen mitgelaufenen Fürther vom Fuß spitzeln ließ. Für den unrühmlichen Abschluss sorgte Almog Cohen, als er kurz vor Schluss Gießelmann unnötig außen an der Mittellinie abräumte und dafür Rot sah. Kurz darauf war der gebrauchte Tag für die Hausherren gegessen, nicht jedoch ohne neben anerkennendem Applaus auch Pfiffe der eigenen “Fans” zu kassieren. Die 300-400 mitgereisten Ingolstädter durften hingegen mit ihrem Team am 12. Spieltag den dritten Dreier der Saison feiern, verbleiben aber, wie auch die SpVgg (3.), auf dem vorher innegehabten Platz (18.) . Das als Info für die Leserschaft, die die Zweitligatabelle nicht mehr so intensiv verfolgt…
Epilog I
Der Fanabmarsch gestaltete sich doch dichter als gedacht, sodass wir erstmal im Windschatten eines Polizeifahrzeugs stehenblieben. Und wie wir so da rumlungern, fragte doch der erste Fürth-Fan: “Na, alles im Blick?” Noch während wir uns fragend ansahen kam prompt die Lösung in Form eines weiteren Kommentars: “Schau an hier, Zivibullen…” Und so ging es weiter. Nach dem fünften Statement brach sich meine Empörung Bahn, und prompt sollte alles nur ein Scherz gewesen sein. Wer´s glaubt. Tss…! Dann war es aber endlich an der Zeit, sich dem Kulinarischen zu widmen. Hierzu fanden wir nach erträglichem Fußmarsch die Gustavstraße, ihres Zeichens Zentrum der hiesigen Restaurant-, Café- und Kneipenmeile, wo wir in das historische Gasthaus “Grüner Baum” einkehrten. Hier beschloss eine kleine Portion Fränkisches Krustenschäufele mit Kloß und Sauerkraut den Tag, begleitet von einem Krug Tucher hell und abgerundet durch einen Obstbrand. Gigantisch.
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Tag 2
Komplikationen – mal wieder
Bis 10:30 Uhr war die Welt in Ordnung. Frühstück lecker, schöner Weg zum Bahnhof – doch dann ließ die Anzeigetafel auf dem Gleis wissen: Zug hat heute 15 Minuten Verspätung. Bei 6 Minuten Umstieg in Nürnberg sah das schonmal ganz schlecht aus. Also gleich nach Würzburg? Die Bahnangestellte auf dem Gleis gefragt – der erste Fehler. Die machte uns wenig Hoffnung, ohne Neuzahlung davonzukommen, und brabbelte was von Eigenschuld – wie bitte? Besagter Zug war randvoll, trotzdem rein – und wieder raus, weil das irgendwie doch unsicher schien. Fehler Nummer zwei. Also doch nach Nürnberg, um von dort nach einer Stunde Wartezeit über Würzburg nach Frankfurt zu fahren. Immerhin kamen wir so, gemäß der oben erwähnten Spezialitätenaufzählungen in den Genuss einer Kolb-Breze mit Butter, sehr zu empfehlen. Aber die Erkundung von Mainz und vor allem die erste Halbzeit des heutigen Spiels konnte auch die nicht ersetzen, denn quasi zum Pausenpfiff erreichten wir nach sehr gründlicher Einlasskontrolle erst den Gästeblock. Natürlich wussten wir vom frühen Gegentor durch Okasaki, ahnten aber angesichts der ersatzgeschwächten o5er und der für gewöhnlich stärkeren 2. Hälfte der Eintracht noch nichts Böses.
Mainz? Mainz?
Doch wollen wir unseren Blick erstmal auf Mainz richten. Während für Fürth ja maßgeblich der Fußball präsent ist, fallen einem zur lediglich durch den Rhein von der hessischen Landeshauptstadt Wiesbaden getrennten rheinland-pfälzischen Landeshauptstadt Mainz ja schon noch andere Dinge ein. Karneval natürlich, ZDF (Fernsehgarten), Wein, Handkäs mit Musik… Das Stadtwappen mit dem Mainzer Rad ist in Rot und Weiß gehalten, die Einwohnerzahl liegt bei 201.000 und von hier stammen u.a. Buchdrucker Johannes Gutenberg, Moderator Heinz Schenk und: Franco Foda, dessen Name tatsächlich auf Portugiesisch laut Internet-Übersetzer “französisch fi**en” bedeutet. Manchmal stimmen Gerüchte eben doch.
Man kann sich wohl vorstellen, dass die Zeit nicht mal für ein Foto des Bahnhofs gereicht hat. Dort trafen wir noch zwei verspätete BTSV-Fans, deren Fanbus unterwegs liegenblieb, und nahmen gemeinsam ein Taxi zur hiesigen Arena, die wie so viele ihrer Leidensgenossinnen mitten in trostlose Einöde gezimmert wurde. Einträchtigen Dank nochmal für die Einladung!
To make a long story short
Die restlichen 45 Minuten sind dann auch schnell erzählt. Viel Ballbesitz für Braunschweig (hat man ja nicht so oft), aber nichts Zwingendes. Mainz stand tief, lauerte auf Konter, und die bekamen sie auch. Die recht muntere Fankurve und auch die Klatschpappenzuschauer (sic!) auf den Tribünen konnten dann in der Konsequenz das entscheidende 2:0 feiern, wieder durch den gefälligen Okasaki. Nachdem die Gästefans sich die letzten 10 Minuten des Spiels schon gedanklich und gesanglich Richtung Derby am 08.11.13 orientierten, wurde nach Abpfiff doch nochmal die Mannschaft gewürdigt, die sich dann prompt samt Trainer zur Gästekurve begab. Ja, und das war es irgendwie auch schon…
Epiloge II + III
Der Epilog II lautet für diese Partie: Mit den eigenen Waffen geschlagen. Wieder keine Punkte gegen einen Gegner, der wie Schalke zuletzt nicht besser war. Frühes Zeitspiel und unnötige Provokation zeigten, wie sehr den 05ern nach einem Punkt aus den letzten sieben Spielen der Stift gegangen sein dürfte. Glücklicherweise ist der Relegationsplatz weiterhin nur 3 Punkte entfernt.
Epilog III: Auf Grund der eng getakteten Heimreise per ICE, die im Bistrowagen stattfand (unsere Vorliebe dafür dürfte mittlerweile bekannt sein), wird sich ein erneuter Besuch in Mainz nicht vermeiden lassen. Vielleicht ja auch nochmal mit der Eintracht – und zeitlich deutlich großzügiger, schließlich müssen doch irgendwo auch schönere Seiten als die erlebten zu entdecken sein…
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