Essen und Paderborn
Rot-Weiß Essen – SC Verl
01.02.2013, Regionalliga West, Stadion Essen, Endstand: 0:1
Der Start nach der Winterpause kann nicht schon wieder nur aus einem Auswärtsspiel in Paderborn bestehen, dachte ich, also buchte ich mir Anfang/Mitte Januar noch Zugticket und Hotel für Essen dazu. Wegen des Frostes war das durchaus riskant, doch es sollte alles klappen. Per IC erfolgte die Anreise, in Dortmund sollten 5 Minuten zum Umsteigen von Gleis 11 auf 16 reichen. Nun hatte der Zug in Hamm allerdings schon 7 Minuten Verspätung, doch der Schaffner beruhigte mich doppelt. Zum einen lagen Gleis 11 und 16 tatsächlich am selben Bahnsteig (Wo sind die Gleise 12-15? Führen die nach Hogwarts, Harry?), zum anderen lag der Anschluss-IC sogar 10 Minuten hinter Plan. Also alles tutti.
Gepäck hatte ich eh nicht, denn da es gerade mal ein 27-Stunden-Trip werden sollte, probierte ich es experimentell mal nur mit dem Nötigsten. Also die Klamotten am Leib, inkl. langer Unterbuchse, Kamera usw. und eine kleine Plastiktüte mit Eintrachtschal, Handschuhen, 0,5 l Wasser und dem Kicker als Wegwerf-Reiselektüre. Auf die Idee kam ich, nachdem ich erfuhr, dass mich mein Bayern-Tourbegleiter im Auto von Paderborn nach Hause mitnehmen konnte und klar war, dass wir uns vorher nicht treffen würden. Sonst hätte ich ja mein Gepäck ins Auto laden können und alles wäre top – so hatte ich geplant, die Sachen vor dem heutigen Spiel im Hotel zu lassen und morgen vor Betreten des Stadions in Paderborn den Rest zu entsorgen.
Nach Ankunft in Essen wurde schnell klar, dass der Verzicht auf eine extra Regenjacke ein Fehler war. Der eine Kilometer zum Hotel Korn reichte schon aus, um mich empfindlich durchzunässen. So versuchte ich noch, die Klamotten notdürftig vor der Heizung zu trocknen und entschied mich für ein Taxi zum neuen Event-Stadion Essen, das das traditionsreiche Georg-Melches-Stadion ersetzt. Der Fahrer, eingefleischter RWE-Fan, versorgte mich noch mit Infos, z.B. erfuhr ich, das man schon ins Aufstiegsrennen mit Lotte, Fortuna und Viktoria Köln sowie Schalke II eingreifen möchte, aber man nicht wisse wo man stehe, da der Kader in der Pause nicht verändert wurde und kaum Testspiele stattfanden.
Das Thema Stadion war dann eher gespalten. Einerseits vermisst er den Schein der Flutlichtmasten von weitem, andererseits ist er begeistert, dass das neue Stadion erweiterbar ist. Bei Bedarf können sowohl die Kurven geschlossen als auch noch eine Tribünenetage draufgebaut werden. Kurios ist die neue Alte Westtribüne, das war die Stehplatz-Heimat der Fans im alten Stadion. Wie auf den Fotos aber zu erkennen ist, hat man diese für die neue Spielstätte, die ja direkt neben der alten liegt, umgedreht wiedererrichtet, so dass es nun eigentlich eine Osttribüne ist. Äh, soweit alles klar? Die hat jedenfalls seit wenigen Tagen ein Dach und wird bald benutzbar sein. Die Frage “Und in Braunschweig wird aufgestiegen?” hat mich dann doch gefreut. Irgendwie schön, dass der Verein auch überregional endlich (wieder) wahrgenommen wird. Wenig erfreulich waren dann allerdings die Verabschiedung “Nur der RWE!” und die 14,- Euro, die mich die knapp 4 Kilometer gekostet haben.
Auf der Gottschalk-Tribüne konnte ich einen Sitzplatz für ´nen Zehner ergattern, nachdem ich beinahe 20,- für Block E1 entrichtet hätte, und suchte mir einen schönen aus. Schon beim Aufwärmen der Teams zeigte sich, dass der Regen dem Platz sichtlich zugesetzt hatte. Senkrecht fallende Bälle sprangen oft gar nicht wieder hoch, sondern blieben in einer Pfütze liegen, schräg auftreffende Bälle wurden pfeilschnell und flache Pässe blieben gerne nach wenigen Metern im Wasser stecken. Das versprach ein Schweinespiel, und so kam es dann auch. Ball hochhalten und flach gewinnen, hieß es hier an diesem Abend. Aufbauspiel war kaum möglich, Spieler rutschten weg oder der Ball kam aus o.g. Gründen nicht ans Ziel, über 90 Minuten echt schwer zu ertragen. Siehe dieses Video. Die Stimmung, vom Taxifahrer als zweitligareif bezeichnet, schlug irgendwie trotz 7250 Anwesenden auch nicht so durch. Fett war hingegen der Drei-Tribünen-Gesang, bei dem die Stehplätze der Gottschalk-Tribüne “Rot!”, die auf die Rahn-Tribüne (Gegengerade) ausgewichenen Steh-Fans “Weiß!” und die Sitzplätze der Ente Lippens-Tribüne (Haupttribüne) “Essen!” skandierten. Respekt.
Die erste Hälfte ging für mich knapp an aktivere und bemühtere Gäste, die sich ähnlich viele Chancen erspielten wie die Hausherren. Bis auf eine oder zwei davon hatte Rot-Weiß Essen als Tabellenfünfter aber alles im Griff und hätte selber schon ein Törchen markieren können. Nach der Pause wurde der SC Verl gegen aufrückende Essener durch Konter gefährlicher und kam zu mehreren guten Möglichkeiten. Eine davon nutzte Rasp in der 77. Minute, als ein Steilpass gut durchlief und er diesen erlaufen und am Essener Keeper vorbeischieben konnte. Da waren die 25 Gästefans, die gesanglich zwar nicht so laut aber gut pöbelten und immer wieder mit ihrem Bauernimage kokettierten, natürlich aus dem Häuschen. Die Gastgeber, die natürlich nicht die erste Niederlage im neuen Stadion zum heutigen 106jährigen Bestehen des Vereins kassieren wollten, versuchten nochmal alles, was die Kräfte noch hergaben, allein es reichte nicht mehr zum Ausgleich. Daran änderte die Rote Karte in der Nachspielzeit für den 9 Minuten zuvor eingewechselten Verler Manstein wegen eines harten Fouls auch nichts mehr. So konnte der Gast sich für das knappe 2:3 im Hinspiel revanchieren und seinen 8. Tabellenplatz erstmal festigen. Die Essener Aufstiegshoffnung hat allerdings einen kleinen Dämpfer erhalten.
Mir war zwischenzeitlich doch etwas kühl geworden, sodass ich wieder ein Taxi nahm (noch 12,- Euro weniger), um schnell ins warme Hotelzimmer zu kommen. Dort gibt es Sky Sport (Daumen hoch!), sodass ich die letzten 20 Minuten von meinem Jugendschwarm Werder Bremen gegen Hannover schauen konnte – und das waren ja wohl die wichtigsten (2:0, beide Tore kurz vor Schluss). Zum Einschlafen gab es dann Snooker. Die Dusche ist okay, Bad und Zimmer generell sehr sauber. Das Frühstück für 6,90 wird tatsächlich von einer Dame betreut, die einem hilft, alles zu finden und die auch die Brötchen wieder hinsortiert, wenn sie etwas einseitig ihren Körben entnommen wurden. Geil. Zum Normalpreis würde ich dort nie einchecken, aber über Trivago und Bahn war es ein Hot Deal für 39,- Euro, dafür war es sehr gut.
Um 9:17 saß ich dann mit meiner Plastiktüte im ICE nach Paderborn…
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SC Paderborn 07 – Eintracht Braunschweig
02.02.2013, 2.Bundesliga, Benteler Arena, Endstand 1:2
Der ICE rollte direkt mit einem Regionalzug am selben Bahnsteig ein, und eine erste größere Gruppe Eintracht-Fans wurde direkt von der zahlreich anwesenden Polizei zu den Shuttlebussen geleitet, die direkt vor dem Bahnhofsgebäude abfuhren. Noch in zivil konnte ich die Absperrung leicht durchbrechen und ein paar Schritte Richtung Innenstadt Paderborn machen und danach noch am Bahnhofskiosk ein Bier erstehen, bevor ich mich ebenfalls in einen der bereitgestellten Busse begab. Hier geriet ich aber in komplett falsche Gesellschaft, denn neben dem U-Bahnlied musste ich mir noch andere gesangliche Entgleisungen anhören, wie z.B. “Bewährung für Beate Zschäpe” und anderes Liedgut rund um den NSU, “Fußball ist uns scheißegal”, usw.
Vor der Arena angelangt hätte ich mich gerne noch mit dem anderen Fußballkultouristen samt Anhang auf dem Parkplatz getroffen, doch der Busbereich ist so abgetrennt, dass man einmal komplett um den Pudding laufen muss. Naja, man kann sich ja auch drinnen treffen… Im Bus hatte ich mir ja schon den Schal zurechtgemacht, jetzt also noch einen letzten Schluck Wasser genommen, Handschuhe in die Jackentaschen und weg mit der Flasche und dem ausgelesenen Kicker. Soweit alles nach Plan!
Drinnen dann dasselbe Bild wie gehabt, über 10.000 Zuschauer, davon knapp 5000 Gäste. Allerdings hatte die selten hörbare Heimtribüne eigens eine kleine Choreographie vorbereitet, das war mal was für´s ansonsten arenageplagte Auge. Tja, und die Eintracht? Wie würde sie aus der Winterpause kommen? Um es vorweg zu nehmen: gut. Von Beginn an spielbestimmend, frühes Tor durch den endlich wiedergenesenen Petersch (10.), danach gegen nur manchmal gefährliche Paderborner mit weiteren guten Möglichkeiten, die aber ungenutzt blieben. Die Führung zur Pause ging also in Ordnung, das entspannte das zweifelnde Gemüt – nicht, dass gleich heute der Einbruch kommt, der den immer greifbarer werdenden Aufstieg gefährdet. Pah, aber davon keine Spur.
Irgendwann kam dann auch nach Tagen mal wieder die Sonne raus und man bekam schon den ersten Eindruck vom Frühling. Da war es fast schon unwirklich, dass noch vor 30 Minuten ein alkoholfreier Glühwein eine dankenswerte Wärmequelle darstellte. In Halbzeit zwei gelang es den Braunschweigern weiter, den SC Paderborn 07 nur gelegentlich ins Spiel kommen zu lassen. Darüber hinaus wurden sich klarste Chancen erspielt, die das verdiente 2:0 hätten bringen müssen, dies aber nicht taten. Statt dessen war es ein Standard, getreten von ManCity-Neuzugang Elabdellaoui, den Dogan in der 74. Minute zur Vorentscheidung einköpfte. Zwar gelang den Hausherren in der Nachspielzeit noch der Anschlusstreffer, der konnte aber den Feierlichkeiten der Gäste keinen Abbruch mehr tun. Mit diesem Auftritt, auch wenn er einige Schwächen aufwies, hat Eintracht hoffentlich ein klares Signal an die Konkurrenten im Aufstiegskampf gesendet.
Auf dem Weg zum Auto kamen wir an dem neuen Fanpoint vorbei, der den kahlen Arenavorplatz etwas auflockert. Der besteht aus einer skurrilen Figur auf einem unscheinbaren Betonblock, an dem Fans und Sponsoren so Namensschildchen kaufen und anbringen lassen können. Jetzt aber nur keine Eile, es sind noch genug freie Plätze da… Für die Rückfahrt wurde die zeitaufwändigere, aber landschaftlich sehr ansprechende B1 über Hameln gewählt, was den auf Grund des Wetters und der knappen Zeit recht geringen kulturellen Anteil an dieser Reise noch mal hochtrieb. Leider sind die Fotos aus dem Auto nichts geworden, dafür ist das Gepäcklos-Experiment geglückt, auch wenn es nicht nach Wiederholung schreit.
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Essen – BTSV
Rot-Weiss Essen – Eintracht Braunschweig
03.12.2000, Regionalliga Nord, Georg-Melches-Stadion, Endstand: 1:3
Tore: 0:1 Falk, 42. ; 1:1 Winkler, 56. ; 1:2 Endres, 87. ; 1:3 Thomas, 89.
Zuschauer: 6.913
Das Kuriose an diesem Spiel sollte, neben der für Eintracht recht untypischen Art ein Spiel in den letzten Minuten noch zu blau-gelben Gunsten zu entscheiden, vor allem die Fahrt an sich und deren Umstände für mich sein. Doch von Anfang an. In den Tagen vor diesem Spiel brodelte es förmlich in mir, denn der BTSV hatte seit fast 10 Jahren nicht mehr gegen den Traditionsverein Rot-Weiss Essen gespielt und ich hatte die ganze Zeit das Gefühl dabei sein zu müssen, wenn wir an der altehrwürdigen Essener Hafenstraße auflaufen würden. Da es aber zu der Zeit jobtechnisch nicht wirklich rosig bei mir aussah, hatte ich den Gedanken an dieses Auswärtsspiel aus finanziellen Gründen fast schon ad acta gelegt. Allerdings hatte ich am Samstag von einem Teil der wenigen mir zur Verfügung stehenden Mittel einen Tippschein bei der Kooperationsgemeinschaft der Landeslotterien (Oddset) abgegeben und bis zum Abend hatten alle Spiele den von mir prognostizierten Ausgang genommen – es fehlte nur noch ein Ergebnis: Ein Auswärtssieg unserer Eintracht am Sonntag in Essen.
Ich fand in der Nacht zum Sonntag wenig überraschend kaum in den Schlaf. Meine Gedanken kreisten nur darum, dass ich mir diese Fahrt eigentlich nicht im Ansatz leisten konnte, es sei denn, die Eintracht würde gewinnen – denn dann würde ja auch ich gewinnen und die Fahrt wäre plötzlich locker zu finanzieren. Ich fasste den Entschluss mir keinen Wecker zu stellen und das Schicksal oder was auch immer entscheiden zu lassen.
Tatsächlich wachte ich nach nur wenigen Stunden Schlaf auf und noch pünktlich genug, um den Sonderzug am Bahnhof zu erreichen, auch wenn ich noch keine Fahrkarte hatte. 20,- DM befanden sich noch in meinem Portemonnaie. Das würde für Fahrkarte und Eintritt nicht mehr reichen, es sei denn, ich würde mich im Zug umhören ob irgendwo noch ein Platz auf einer der Karten frei wäre. Das Risiko war ich aber mittlerweile bereit einzugehen, in einem wahren Rausch schnappte ich mir meinen Schal und rannte die Straße hinunter Richtung Bushaltestelle. Dort dann aber der Schock: Der Bus Richtung Hauptbahnhof war 2 Minuten zu früh abgefahren und an einem Sonntag bedeutet dies, dass es nur noch eine Option gibt: Die Beine in die Hand und losgerannt!
Von der Haltestelle an der Gliesmaroder Straße spurtete ich in Richtung Bahnhof und es waren nur noch wenige Minuten Zeit bis zur Abfahrt des Zuges, als kurz hinter der Jasperallee plötzlich ein Taxi neben mir hielt und mich der Fahrer fragte, wo ich denn so eilig hinmüsse. Nachdem ich ihm meine Situation kurz geschildert hatte, setzte der gute Mann ein freundliches Grinsen auf und bot mir tatsächlich an, mich für umme bis direkt vor den Bahnhof mitzunehmen. Einfach grandios! Als ich am Bahnhof mich herzlichst bedankend aus dem Taxi sprang, waren auf der Uhr noch 90 Sekunden bis zur Abfahrt verblieben. Ich sprintete durch die Bahnhofshalle in Richtung Bahnsteig, hastete die Treppen zum Gleis hinauf und stürzte schließlich mit dem Schließen der Türen in den Zug. Geschafft!
Ich stand nun also ohne Fahr- und Eintrittskarte und auch ohne jegliche Verpflegung im Sonderzug nach Essen. Immer noch keuchend fragte ich im ersten Abteil nach der Möglichkeit auf einer der Karten mitfahren zu können und nach einigen Kopfschüttlern und mitleidigen Blicken, meldete sich in einer 2er Reihe tatsächlich ein etwas korpulenterer Herr, der mir auch gleich den “halben” Platz neben sich anbot. In einer Mischung aus Wortfetzen und Schnappatmung versuchte ich ihm meine Situation zu erkären und dass ich nur 10,- DM für die Fahrt zahlen könne, da ich ja auch noch eine Eintrittskarte bezahlen müsse etc. Doch ohne darauf weiter einzugehen und mit einer stoischen Ruhe holte er unter dem Sitz eine Plastiktüte bis zum Rand gefüllt mit Dosen feinster Braunschweiger Braukunst hervor, schaute mich ernst an und sagte: “Junge, jetzt trinken wir erstmal ‘n Bier.”
So kam es, dass ich tatsächlich nur diese 10,- DM bezahlte – nach Essen und zurück, inklusive großartigem Reisemitstreiter und dessen Versorgung mit Flüssigkost. So konnte ich mir vor Ort im Georg-Melches-Stadion auch noch eine Eintrittskarte und eine Bratwurst leisten, wurde Zeuge eines 3:1-Auswärtserfolges – übrigens dem einzigen Eintracht-Erfolg in Essen in den letzten 32,5 Jahren (Stand 01/13) – erlebte eine der großartigsten Auswärtsfahrten aller Zeiten und gewann nebenbei noch genug Geld um sorgenfrei über den Monat und vor allem das anstehende Weihnachtsfest zu kommen. Meinen guten Geist dieser Fahrt habe ich leider nie mehr getroffen, obwohl wir uns das beide ernsthaft vorgenommen hatten. Ich habe danach auch nie wieder wirklich größere Summen bei Sportwetten gewonnen, dass war aber auch zum Glück nicht mehr wirklich nötig denn im neuen Jahr hatte ich das Glück eine feste Anstellung zu finden. e.b.