Kopenhagen (DEN)

 

Ein langes Wochenende in Kopenhagen

oder: Vier Spiele in drei Tagen

Freitag:

 HB Køge – Næstved BK

19.11.2010, 1.Division, Herfølge Stadion, Endstand: 4:1

Anreise Früh saßen wir, trotz vermeintlicher Terrorgefahr, zu dritt im Zug nach Norden. Beim Umsteigen in Hamburg zeigte die bewaffnete Ordnungsmacht eine ordentliche Präsenz, sodass einem doch leicht mulmig werden konnte. Doch konnte der ICE nach Kopenhagen unversehrt betreten werden und ab hier ging die Reise eigentlich richtig los. In Puttgarden wurde der Zug dann zu unserem Erstaunen komplett in die Fähre gefahren, und für die Dauer der Überfahrt mussten alle nach oben auf die Decks. In Rødbyhavn auf Lolland ging es dann zurück auf die Gleise Richtung dänischer Hauptstadt, wo wir gegen 14:15 Uhr bei leichtem Schneeregen eintrafen. Noch während wir den EC-Automaten suchten, konnten wir feststellen dass auch die dänischen Sicherheitskräfte wachsam waren – ein von einer älteren Dame zum Ticketkauf mal eben zurückgelassener Koffer sorgte kurzzeitig für Aufregung.

Køge Da unser erstes Hostel nahe des heutigen Spielortes lag, mussten wir nach Erwerb eines 24-Stunden-Tickets sogleich mit dem S-tog der DSB wieder raus aus der City, nämlich nach Ishøj. Nach dem problemlosen Einchecken im Zleep Hostel und etwas Akklimatisierung bzw. Entspannung bei internationalem Sat-TV war es erneut ein S-tog, der uns direkt nach Køge brachte. Es sei hier erwähnt, dass das Nahverkehrsnetz in und um Kopenhagen sehr gut ausgebaut ist. Verschiedene Verkehrsmittel greifen nahtlos ineinander über, im S-tog gibt es zusätzlich gratis W-Lan und Fahrradabteile. In diesem Sinne konnten wir per Umstieg in einen Regionalexpress die letzte Station zum Herfølge Stadion zurücklegen.

Dort trägt der im Juli 2009 aus der Fusion der ehemaligen dänischen Meister Herfølge BK und Køge BK hervorgegangene aktuelle Zweitligist HB Køge seine Heimspiele aus. Das Stadion hat 8.000 Plätze, wobei bei dem Schneegestöber immerhin 2.271 Zuschauende das letzte Spiel vor der langen Winterpause sehen wollten. Der Eintritt war bei freier Platzwahl überraschenderweise frei, was vier Sponsoren des Clubs möglich gemacht hatten, wie es das ebenfalls kostenlos ausliegende Stadionheft verriet. Sitzkissen gab es für alle solange der Vorrat reichte zur Selbstbedienung aus Sammelkisten – bei Temperaturen um 0°C ein willkommener Service. Für das leibliche Wohl sorgte kaltes Bier und die in Dänemark allseits beliebten Pølser vom Grill mit Brötchen, Röstzwiebeln und Soßen.

Køge Der Einlauf der Mannschaften wurde durch Schwanenmaskottchen Svante und leicht bekleidete Cheerleader unterstützt, die jetzt und in der Halbzeit tapfer ihr Programm darboten, was auf den Rängen Bewunderung abnötigte. Dort standen bzw. saßen Fans beider Lager zusammen, doch von Rivalität angesichts des Derbycharakters war nur wenig zu spüren. Der Beginn der Partie verlief wechselhaft, erst nach ca. 10 Minuten nahm die Partie Fahrt auf. Ein gefährlicher Freistoß der Gäste in der 13. Minute diente als Weckruf für die Heimelf, die im direkten Gegenzug das 1:0 erzielte. In einem nun folgenden Sturmlauf wurde die Führung bis auf 4:0 ausgebaut, obwohl mit Mads Laudrup, Sohn des ehemaligen Weltklassespielers Michael Laudrup, ein wichtiger Akteur fehlte. In der zweiten Hälfte verwalteten die technisch überlegenen Hausherren den Spielstand souverän, sodass Næstved 10 Minuten vor Schluss per Strafstoß lediglich zum Ehrentreffer kam.Somit ging es nach torreichem Beginn der Reise durchgefroren aber gut gelaunt zurück zum Hostel.

Samstag:

 Lyngby BK – Randers FC

20.11.2010, Superliga, Lyngby Stadion, Endstand: 3:3

Kopenhagen Nach dem Auschecken besorgten wir uns zum Frühstück verschieden belegte Smørrebrød und gelangten per S-tog in die Innenstadt zu unserer zweiten Unterkunft, dem Hotel Saga. Zentral gelegen, günstig, freundlich, mit üppigem Frühstücksbuffet fällt eine Weiterempfehlung überhaupt nicht schwer. Von hier aus startete unser kultureller Stadtrundgang zum Tivoli, zum Rathaus inklusive H.-C. Andersen Denkmal, zur Christiansborg, Vor Frelsers Kirke, und über die Freistadt Christiania nach Nyhavn, wo bereits der Weihnachtsmarkt eröffnet war.

Dann wurde es auch schon wieder Zeit, erneut die Nahverkehrsmittel zu nutzen, um die im Norden Kopenhagens gelegene Lyngby-Taarbæk Gemeinde zu erreichen. Hier ist der Erstligist Lyngby BK beheimatet, der wenig später den Randers FC aus dem Nordwesten des Landes empfangen sollte. Der Eintritt ins 9.000 Zuschauer fassende Lyngby Stadion kostete uns umgerechnet etwa 10 Euro, auch hier gab es freie Platzwahl. Diese fiel nicht schwer, da nur 1.311 Besucher dieses Spiel sehen wollten, was Saison-Minusrekord für die Superliga bedeutete. Trotzdem gab es einiges zu bestaunen: Ein ausgiebiges Feuerwerk vor dem Anpfiff, viele Chancen und 6 Tore in 90 Minuten und den Weihnachtsmann persönlich, der diverse Nüsse unter das Volk brachte. Summa sumarum trotz Kälte und enttäuschender Fan-Performance ein gelungener Besuch.

Zurück im Hotel war erstmal Wärme nötig, dann wurde im Zimmer bei einigen Kaltgetränken entspannt zunächst die Premier League und später die Bundesliga im TV verfolgt. Hier erfuhren wir auch, dass die Kleine Meerjungfrau heute von der Expo in Shanghai zurückgekehrt war, und da wir eigentlich davon ausgingen ihren Anblick zu verpassen, stellten wir den Plan für Sonntag um und uns den Wecker entsprechend früher.

Lyngby

 

Sonntag:

 Hvidovre IF – AB Kopenhagen 

21.11.2010, 1.Division, Office Center Arena, Endstand: 2:1

 FC Kopenhagen – FC Nordsjælland

21.11.2010, Superliga, Parken, Endstand: 2:1

Im Anschluss an die recht spontane Besichtigung der Lille Havefru, ihres “genmanipulierten” Pendants im Hafenbecken quasi nebenan und einem Spaziergang durch das Kastellet ging es mal wieder per S-tog in die südwestliche Peripherie der Hauptstadt, um in der Office Center Arena dem Zweitligaspiel Hvidovre IF gegen Akademisk Boldklub beizuwohnen. 716 weitere Personen hatten die gleiche Idee und teilten sich teamübergreifend friedlich die überdachte Haupttribüne im offiziell 15.000 Zuschauer fassenden Rund. Bereits vor dem Stadion brachte sich die AB-Ultragruppierung im Rahmen ihrer Möglichkeiten stimmgewaltig und pyrotechnisch in Stimmung. Als das mitangereiste Maskottchen uns gegenüber im friedlichen Sinne handgreiflich wurde, nutzten wir die Chance auf gemeinsame Erinnerungsfotos und den ein- oder anderen Klamauk.

Beim Einlauf der Mannschaften stellten wir fest, dass jeder Spieler des HIF einen anderen Werbeaufdruck auf dem Trikot hatte. Anscheinend unterstützt jeder Sponsor bestimmte Spieler, wobei die teuren wohl vorne und hinten Werbung laufen.
Das Spiel selber ist schnell erzählt. Hvidovre ging als Tabellenletzter in die Partie, musste also gewinnen. In der 38. Spielminute gelang dann auch der Führungstreffer, mit dem es in die Pause ging. Hier machte das Heimmaskottchen Helge trotz des Spielstands eine eher traurige Figur, anscheinend haben Pandas das so an sich. In Halbzeit zwei glichen dann zunächst die Gäste aus (62.), fingen sich aber 7 Minuten vor dem Abpfiff doch noch das 2:1, mit dem der gastgebenden Mannschaft der wichtige vierte Sieg der Saison gelang. Zeit zum Mitfeiern blieb uns keine, denn wir mussten umgehend zurück zum Hauptbahnhof, wo sich ein Mitreisender vorzeitig nach Hause verabschiedete.

Kopenhagen Für uns dagegen ging es weiter Richtung Parken, seines Zeichens dänisches Nationalstadion und Heimstätte des FC Kopenhagen. Hier war das Fanaufkommen für lokale Verhältnisse ziemlich hoch, die Zuschauerzahl sollte später mit 15.077 angegeben werden. Unsere Plätze etwa Höhe Mittellinie befanden sich ohne Scheiß in der letzten Reihe unter dem Dach, was anscheinend jemand sehr rücksichtsvoll für die ausländischen Ticketbesteller ausgesucht hat. Immerhin hatte man hier einen tollen Ausblick auf die Baustelle Österbro Stadion. Etwas weiter neben uns saßen irgendwelche komischen Teenager, die wohl eher wegen ungestörtem Cannabisgenuss den Weg ins Stadion fanden. Einiges an Plätzen blieb insgesamt leer, vor allem der Auswärtsmob blieb deutlich hinter den Erwartungen zurück. Dennoch verschaffte der sich einige Male Gehör, wenn die Heimfans mal Pause machten. Bei so starken Gesängen wie diesem kam das aber nicht oft vor. Das Spiel selbst plätscherte eine Weile so dahin, nahm aber in der 30. Minute eine überraschende Wendung, als ein Gästespieler nach einem nicht gepfiffenen Körpereinsatz eines FCK-Stürmers im Glauben an ein Foul den Ball im eigenen Strafraum einfach mal in die Hand nahm. Der fällige Elfmeter konnte zwar erst im Nachschuss verwandelt werden, aber die Führung stand erstmal zu Buche. Nur zwei Minuten später dann eine Notbremse der Gäste an der eigenen Strafraumgrenze, klar außerhalb. Statt Freistoß und Rot gab es jedoch erneut Elfmeter und Gelb… und diesmal machte es Santin besser und traf zum 2:0, obwohl der Keeper erneut die Ecke ahnte. Von diesem doppelten Nackenschlag erholte sich der FC Nordsjælland lange nicht, immerhin wurde eine einigermaßen engagierte zweite Halbzeit mit dem Anschlusstreffer in der 75. Minute belohnt, mehr war jedoch nicht drin und der souveräne Tabellenführer schaukelte das Ding nach Hause.

Zu Fuß gingen wir dann in die weihnachtlich beleuchtete City, wo es Abendessen geben sollte. Der stattlich lange Weg machte uns nur hungriger, aber in der Fußgängerzone konnten wir uns nicht entscheiden. Erst beim Hotel um die Ecke fanden wir ein gut aussehendes türkisches Restaurant, mit All-you-can-eat zu einem annehmbaren Preis. Nach drei Tellern beschlossen wir den Abend vor dem Fernseher.

Montag

Kopenhagen  Recht früh sollte der Zug nach Hause gehen, im Bahnhofsgebäude sahen wir schon einen orientalisch gekleideten Mann mit einem großen Koffer. Klar war der Zusammenhang großer Koffer = große Bombe schnell hergestellt – doch das Lachen legte sich etwas, als der Herr in unserem Alter in unser Abteil stieg, da kann man mal sehen, was die Panik-Presse so bewirken kann. Er bot allen Mitreisenden in einer netten Geste Süßigkeiten an, die jedoch kaum jemand annahm. Bis zur Fähre verlief die Fahrt reibungslos, doch in Puttgarden stiegen tatsächlich zwei auffallend unauffällige Zollfahnder zu, als Fußballfan hat man da ja mittlerweile ein Auge für. Immerhin ließen sie den Mann noch zu Ende beten, bevor sie ihn als einzigen Fahrgast bearbeiteten. Es muss wohl die Aufregung vor der Bombe gewesen sein, die die Beamten jegliche Umgangsform und Feingefühl ob der aktuellen Schlagzeilen vergessen ließ, anders kann ich mir die unmögliche Art nicht erklären, mit der sie vorgingen. Und natürlich war in dem Koffer keine Bombe, nicht mal Schmuggelware. Andererseits ist es selbstverständlich auch gut, dass die Behörden wachsam sind – wir wollen schließlich noch einige weitere Touren unternehmen!

Weitere Vorkommnisse: keine, und so kamen Muttis Beste unversehrt, um viele Eindrücke reicher und mit satten 17 Toren im Gepäck wieder in Braunschweig an.

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