SC Freiburg II – FC Astoria Walldorf
31.10.2015, Regionalliga Südwest, Möslestadion, Endstand: 4:1
SC Freiburg – Eintracht Braunschweig
01.11.2015, 2. Bundesliga, Schwarzwald-Stadion, Endstand: 2:2
Bereits um 4:20 Uhr in der Früh startete vom Hauptbahnhof in der Löwenstadt das Unterfangen, nach ziemlich exakt 20 Jahren einmal wieder das schöne Freiburg im Breisgau zu besuchen. Eine Abschlussklassenfahrt dorthin im Sommer 1995 hatte so bleibenden Eindruck beim Verfasser hinterlassen, das ein Besuch dort unbedingt noch einmal realisiert werden wollte. Die frühe Abfahrtszeit wurde aus zweierlei Gründen gewählt: Zum einen sollte die dadurch bedingte frühe Ankunftszeit im Zielort für eine ausgiebige Neuerkundung eben dieses dienen, zum anderen konnte genau diese Verbindung noch für schlanke 29,- Euro bei der Bahn gebucht werden. Ein weiterer Vorteil: Auch der schon lange anvisierte Besuch der Freiburger Fußballschule, wie das altehrwürdige Möslestadion mittlerweile offiziell nur noch genannt wird, sollte so problemlos realisiert werden. Denn bereits um 14 Uhr erfolgte dort der Anpfiff für das Regionalliga-Spiel des sportclub’schen Nachwuchses gegen den FC Astoria Walldorf.
Um kurz nach 10 Uhr am Samstagmorgen war Freiburg ohne Komplikationen erreicht. Von dem angekündigten Kaiserwetter war allerdings zu so früher Stunde leider noch nicht viel zu sehen, geschweige denn zu fühlen und da auch die geplante Übernachtungsgelegenheit kurzfristig platzte, war die Stimmung – sagen wir mal – nicht gerade überschwänglich. Doch entmutigen lassen ist auch nicht gerade meine Stärke und so wurde kurzerhand der Reiserucksack im Schließfach verstaut und zur ersten kleinen Erkundungstour angesetzt. Diese endete nach etwas mehr als einer Stunde erst einmal auf dem wunderschönen Münsterplatz, auf dem aufgrund des dortigen Marktes rege Betriebsamkeit herrschte. Neben den leckeren Düften, die, ob der diversen regionalen Köstlichkeiten die dort pfeilgeboten wurden, in der Luft lagen, lud zudem der Brauereiausschank des Freiburger Brauhauses Ganter zu einem ersten Stopp ein. Zwar schlug der Preis für ein kleines Gezapftes mit 3,50 Euro schon recht heftig ins Kontor, doch entschädigten sowohl Geschmack des Gebräus als auch das stimmige Ambiente für diese Investition. Die Sonne hatte sich mittlerweile gegen jeglichen Frühnebel durchgesetzt und tauchte nicht nur das Münster und den Markt sondern auch das hügelige Umland in ein malerisches Licht.
Zur weiteren Stimmungsaufhellung diente zudem noch ein Telefonat mit dem Onkel einer Freundin, der seit 30 Jahren in Freiburg lebt, von dieser Freundin über meine missliche Lage bzgl. der Übernachtungsgelegenheit unterrichtet wurde und spontan tatsächlich einen Schlafplatz für die Nacht in Aussicht stellte. Allerdings war diese Gelegenheit noch mit einem kleinen Fragezeichen versehen und so hieß es, sich bis zur endgültigen Entscheidung noch etwas zu gedulden. Kein Problem, denn in der Zwischenzeit stand für mich ja eh noch ein etwa dreieinhalb Kilometer langer Fußmarsch in den Osten Freiburgs an, um das Möslestadion aufzusuchen.
Trotzdem ich keinesfalls zügig unterwegs gewesen war, erreichte ich den Ort des Geschehens bereits eine Stunde vor Beginn der Partie. Das Zuschaueraufkommen hielt sich erwartungsgemäß stark in Grenzen und da der Akku meines Telefons langsam schlapp machte und sich meine Kehle bei immer weiter steigenden Temperaturen nach Flüssigkeit sehnte, kehrte ich erst einmal in der Gaststätte des Stadions ein, die in der denkmalgeschützten Haupttribüne untergebracht ist. Dank einer breit angelegten Fensterfront hat man von dort einen wunderbaren Blick in des Innere des Runds und dank freundlicher Bewirtung sollten auch Telefon und Kehle bald befriedigt sein. Letztere diesmal sogar zu sehr humanem Preis von 2 Euro für das Pils. Die freundliche Bewirtung überraschte mich im Übrigen nicht mehr wirklich. Seit meiner Ankunft waren ausnahmslos alle Personen hilfsbereit, offen und freundlich gewesen. Und das änderte sich auch im Verlaufe des gesamten Wochenendes nicht mehr. Auch so etwas muss an dieser Stelle einmal erwähnt werden!
Zu Beginn des Spiels nahm ich dann auf der sonnigen Seite gegenüber der Haupttribüne Platz. Mittlerweile war es so warm, dass jegliche langärmlige Oberbekleidung überflüssig war und so kam ich in den Genuss, am 31. Oktober ein Fußballspiel im T-Shirt zu verfolgen. Die Anfangsphase dieser Partie, die insgesamt 200 Zuschauer verfolgten, gehörte nicht wenig überraschend den Gästen aus Walldorf, die in der Tabelle den 8. Platz belegten und somit acht Positionen vor den Gastgebern platziert waren. Die Mannschaft von Coach Matthias Born, die von fachkundigen Besuchern etwas missmutig als “Farmteam der TSG Hoffenheim” bezeichnet wurde, trat auch tatsächlich in fast identischen Trikots wie der “große Bruder” aus der Bundesliga auf. Klar: Hauptsponsor ist ebenfalls das hopp’sche Milliardenunternehmen SAP. Dessen Hauptsitz sich übrigens in – richtig – Walldorf befindet. Kein Wunder also, dass dem Verein, der 2014 erstmals in die Viertklassigkeit aufstieg, hier keine große Sympathie entgegengebracht wird.
Umso größer dann die Freude der heimischen Anhänger, als nach 37 Minuten Marco Hingerl für die Führung des Sportclubs sorgte. Das Team von Martin Schweizer hatte das Zepter in der Zwischenzeit an sich gerissen und war bereits in den Minuten vor dem Treffer deutlich besser ins Spiel gekommen. Hingerl setzte nun einer traumhaften Kombination über drei, vier Stationen die Krone auf und sorgte für den nicht unverdienten Pausenstand.
Und direkt nach Wiederanpfiff sorgte der Freiburger Nachwuchs dann in Person von Pius Dorn und Vincent-Louis Stenzel mit einem Doppelpack innerhalb von vier Minuten für die Vorentscheidung. Dabei spielten die Badener einen Treffer schöner heraus als den anderen. Der Fachmann staunte und der Laie wunderte sich, wie diese Jungs es bislang geschafft hatten, tatsächlich nur zwei Saisonsiege einzufahren. Auch der zwischenzeitliche Ehrentreffer der Walldorfer, per Foulelfmeter nach 65 Minuten, vermochte keine Spannung mehr zu erzeugen und auf der anderen Seite durfte Fabian Schleusener zwei Minuten vor Ende des Spiels noch auf 4:1 erhöhen. Ein Sieg der auch in dieser Höhe vollkommen in Ordnung ging.
Für mich galt es recht zügig Abschied von dieser wunderbaren Spielstätte und dem angenehmen Gesprächspartner der 2. Halbzeit zu nehmen, um die dreieinhalb Kilometer zurück in Freiburgs Innenstadt in Angriff zu nehmen. Bereits auf dem Weg dorthin wurde mir dann per Telefon mitgeteilt, dass die Schlafgelegenheit bei Onkel Michael gebongt sei. Menschen gibt es – großartig! Der vereinbarte Treffpunkt mit der Familie lag zwar noch knapp fünf Stunden entfernt, doch konnte diese Zeit locker im Cafe Atlantik am Schwabentorring überbrückt werden, welches mir vorher schon von einem Freiburger wärmstens empfohlen wurde. Bei Bundesliga via Bezahlfernsehen und hervorragenden Gesprächen an der Theke verging die Zeit wie im Flug, bevor ich den Rucksack aus dem Schließfach befreite, mich auf den Weg zum Treffpunkt mit der Familie meiner Freundin machte und mit dieser den Abend noch bei einem Scheidebecher ausklingen ließ.
Interessante links:
Die Freiburger Fußballschule
Cafe Atlantik
Tag 2
Der Sonntag begann dann bereits um 6:45 Uhr mit dem Klingeln des Weckers , da für meine Gastgeber bereits frühzeitig ein auswärtiges Familienfrühstück auf dem Programm stehen sollte. Auch mir passte der erneut frühe Tagesbeginn gut, da auch heute noch etwas von der Stadt erkundet werden wollte. Allerdings gestaltete sich der Morgen wieder sehr nebelig und trüb, sodass ich mich erst einmal für ein kleines Frühstück im Warmen entschied. Da auch der Rucksack wieder eingeschlossen werden musste, bot sich für diese erste Mahlzeit des Tages der Freiburger Hauptbahnhof an. Nach der Stärkung machte ich mich direkt auf den Weg, musste aber feststellen, dass immer noch eine empfindliche Kühle in der Luft lag. Und da Freiburg derzeit – ähnlich wie Braunschweig – mit Baustellen nicht gerade geizt und auch viele sehenswerte Bauwerke von Gerüsten eingeschlossen sind, brach ich den Rundgang ab und suchte mir ein Plätzchen, welches mir, bis zur Ankunft der noch erwarteten Autobesatzung, Wärme und weitere Nahrungsaufnahme ermöglichte.
Um kurz nach 11 Uhr kam dann auch schon die Meldung des Fahrers, dass man gleich da sei und als Treffpunkt wurde der Biergarten des PTSV Jahn Freiburg ausgemacht. Nach rund 20-minütiger Fahrt mit der S-Bahn und einem kurzen Fußmarsch hatte ich den Treffpunkt erreicht. Das Gelände des PTSV Jahn liegt in unmittelbarer Nachbarschaft zum Schwarzwald-Stadion und diente sowohl den Anhängern des Sportclubs als auch einem ordentlichen Teil der angereisten Blau-Gelben als Anlaufpunkt. Freiburger, Braunschweiger und auch einige Freunde aus Mannheim stimmten sich hier völlig entspannt und stressfrei auf das anstehende Zweitliga-Spitzenspiel ein. Pünktlich mit meiner Ankunft hatte auch die Sonne wieder die Hoheit übernommen und so schmeckte die ein oder andere Kaltschale schon wieder ganz hervorragend.
Aufgrund der geselligen Atmosphäre wurde es dann verhältnismäßig spät bis wir uns auf den Weg Richtung Gästeblock machten, erreichten diesen dann aber doch noch etwa 10 Minuten vor Beginn der Partie. Knapp 1.000 Leute waren vor Ort um unsere Eintracht zu unterstützen und diese übernahmen, nach den entsprechenden Ritualen vor und zum Einlaufen der Mannschaften, auch von Beginn an die Regie auf den Rängen. Ein sehr guter Support des Blocks, den unsere Jungs auf dem Rasen von Beginn an mit vollem Einsatz zurückzahlten.
Dennoch waren es die Gastgeber, die das erste mal jubeln durften: Nach etwa 15 Minuten gab es einen Freistoß für den Sportclub in halbrechter Position, den Vincenzo Grifo aus deutlich über 20 Metern in Richtung Tor brachte. Orhan Ademi fälschte den Ball in der Mauer schließlich so ungünstig ab, dass Rafal Gikiewicz – der zuvor bereits auf dem Weg in die andere Ecke des Tores war – diesen trotz voller Körperstreckung nicht mehr erreichen konnte. Das 1:0. Dennoch gaben sowohl Spieler als auch Fans weiterhin alles und die Mannen von Torsten Lieberknecht erspielten sich in der Folge gute Gelegenheiten. Doch weder Adam Matuschyk, der frei vor SC-Keeper Schwolow auftauchte, noch Orhan Ademi oder Nik Omladic, der einen Freistoß an den Querbalken setzte, vermochten das Spielgerät im Kasten unterzubringen.
Und so kam es, wie es wieder einmal kommen musste: Die Gastgeber setzten mitten in die Drangphase der Blau-Gelben hinein einen Nadelstich der es in sich hatte. In der 38. Minute durfte Mensur Mujdza auf der rechten Außenbahn scharf nach innen flanken, dort löste sich die Freiburger Torgarantie Nils Petersen von seinen Gegenspielern und nickte den Ball unhaltbar zum 2:0 in die Maschen. Rumms, das saß. So sehr sogar, das selbst im dauerhaft anfeuernden Gästeblock für einige wenige Augenblicke das Fallen einer Stecknadel zu hören gewesen wäre. Wenig später war Halbzeit.
Während des obligatorischen Pausenfazits herrschte Einigkeit in folgendem Punkt: Die Mannschaft hatte nicht schlecht gespielt und die Führung der Freiburger fiel mit 2:0 eindeutig glücklich und zu hoch aus. Zum weiteren Verlauf des Spiel gingen die Vermutungen da schon etwas weiter auseinander. Während der eine befürchtete, die Eintracht würde jetzt stürmen und die Gastgeber so zu Kontern einladen, die ziemlich sicher im dritten und vierten Treffer enden würden, so behauptete der andere steif und fest: “Einen Punkt nehmen wir hier heute noch mit!” Na denn.
In den ersten Minuten nach dem Wiederanpfiff entwickelte die Mannschaft von Coach Christian Streich einen Druck, der befürchten lassen musste, dass der Zweckoptimist in unserer Runde heute leider völlig daneben liegen würde. Doch in der 52. Minute wendete sich das Blatt: Die erste richtige Entlastung unserer Blau-Gelben in Halbzeit zwei landete irgendwie im Freiburger Strafraum. Und dort schnappte sich Mujdza – ohne große Gegenwehr der Offensivabteilung der Löwen – den Ball und drosch diesen plötzlich und völlig freistehend in die eigenen Maschen. Die Folge: Lähmendes Entsetzen auf der einen, pure Freude und anschließender Zillertaler Hochzeitsmarsch auf der anderen Seite. Und unsere Mannen spielten sich zurück in diese Begegnung. Bereits wenige Minuten nach dem Anschlusstreffer war es Salim Khelifi, der nach einem wunderbaren Pass völlig allein auf Schwolow zulief. Jedoch scheiterte der Schweizer Juniorennationalspieler in dieser Szene noch am Keeper der Hausherren. In der 62. Minute machte es der 1,72m große Flügelflitzer dann besser: Nach einem – vom gerade erst eingewechselten Holtmann – provozierten Ballverlust der Rot-Schwarzen, kam Khelifi an den Ball, drehte sich kurz um seine eigene Achse und schlenzte die Kugel gefühlvoll an Schwolow vorbei ins lange Eck des Tores. 2:2 – Ausnahmezustand im Block!
In der Folge entwickelte sich dann ein Spiel von einer Intensität, die ich persönlich schon länger nicht mehr gesehen habe. Jeder Zentimeter des Rasens wurde umgepflügt, jeder Zweikampf auf beiden Seiten mit voller Leidenschaft geführt. Und das alles, ohne dass es zu irgendeiner Zeit unfair wurde. Beinahe englische Verhältnisse, möchte man meinen. Am Ende stand dann ein 2:2-Unentschieden, dass sowohl von der heimischen als auch der Gästeelf durchaus noch anders hätte gestaltet werden können. Dennoch durfte man nach dem Abpfiff in durchweg zufriedene, wenn auch erschöpfte, Gesichter blicken. Nach 0:2-Rückstand noch ein Unentschieden beim Tabellenführer erkämpft – Chapeau, meine Herren!
Nachdem der Weg zur S-Bahn und die Fahrt mit dieser noch gemeinsam mit einigen Zugfahrern bestritten und noch ein Scheidebecher verköstigt wurde, trennten sich die Wege dann am Hauptbahnhof. Die Autofahrer waren schon lange wieder auf dem Weg gen Heimat, der Zug sollte in etwa 30 Min. fahren und mein Fernbus, der mich noch für ein paar Tage zur Liebsten nach Frankfurt befördern durfte, wartete bereits am ZOB. Exakt so hatte ich mir das Wiedersehen mit Freiburg nach 20 Jahren nicht vorgestellt, doch es wird auch diesmal ein unvergessliches Erlebnis bleiben. eb
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