Ausblick: Nürnberg +++ Warmlaufen mit den Clubfans United

 

clubfans logoWir werden zukünftig vermehrt auf den Austausch setzen. Daher werden hier bei Fussballkultour fortan auch außenstehende Autoren zu Wort kommen. Um diesen Eindrücken von gegenüber oder nebenan einen Raum zu geben, haben wir den ‚Gästeblog‘ fertiggestellt.

Wir freuen uns sehr darüber, für den Startschuss das Internet Fanmagazin ‚Clubfans United‘ gewonnen zu haben. Das Gespräch mit Alexander Endl stimmt uns auf das bevorstehende Heimspiel der Eintracht gegen den 1.FC Nürnberg ein. Wohin soll die Reise gehen beim Club? Was ist am Sonntag zu erwarten und wie wird der Aufsteiger beim Gegenüber wahrgenommen? ‘Clubfans United’ haben sich dieser Fragen angenommen.

 

[fussballkultour] Hallo Alexander, vielen Dank, dass du uns hier ein paar Fragen beantwortest. Die Webseite von Clubfans United ist sehr umfangreich. Schön dass daneben noch etwas Zeit für uns bleibt. Wie ist euer Fanmagazin aufzufassen? Bewegt ihr euch nahe am Verein oder seid ihr eher als unabhängige Plattform zu verstehen? Gibt es einen Mitmach-Charakter oder ist der Nutzer in erster Linie Leser?

»Wir nennen uns Magazin, sind im Herzen aber ein Blog – nur dass mit dem Begriff Blog eben kaum einer was außerhalb der Blog-Szene anzufangen weiß. Und das beantwortet wohl auch schon einen Teil der Frage: Das Mitmachen in Form von Kommentaren ist ein ganz elementarer Bestandteil von Clubfans United. Wir schreiben in der Regel Initialartikel, mit denen wir Themen eröffnen oder einfach zusammenfassen, was in der Luft liegt, die nachfolgende Diskussion ist dann bisweilen aber interessanter als der Artikel selbst. Mit den Jahren haben wir bei Clubfans United dann allerdings auch unser Repertoire um eine möglichst komplette Berichterstattung rund um den FCN ergänzt – sprich: Wenn was wichtiges passiert, gibt es das bei uns auch zu lesen. Fanmagazin passt daher schon ganz gut – ein Magazin eben von Fans für Fans.
Unser Verhältnis zum Verein ist ausgesprochen gut und der Verein hat uns schon sehr frühzeitig die Türen aufgemacht. Das bedeutet aber nicht, dass es Abhängigkeiten gäbe. Wir haben nur die Freiheiten, die der Arbeit der Presse nahe kommen – inklusive der Möglichkeiten direkt einmal nachzufragen, wenn das erforderlich ist. Unsere redaktionelle Arbeit ist vollkommen autark, was aber nicht bedeutet, dass man macht was man will. Aber das ist eher eine Sache des guten und vertrauensvollen Umgangs miteinander, dass man bei sehr kritischen Dingen vielleicht vorab mal den Kontakt sucht, bevor man ungefiltert einen Rant raushaut.«

 

[fussballkultour] Hier in Braunschweig hat das weitsichtige Arbeiten auf allen Ebenen des Vereins eine kontinuierliche positive Entwicklung hervorgerufen. Dementsprechend groß ist derzeit das Vertrauen in die handelnden Personen und dementsprechend harmonisch geht es gerade zu. Wie ist es um die Stimmungslage der Clubberer bestellt? Was wird vom Club erwartet? Hängt man dem Pokalsieg und den darauf folgenden UEFA-Cup Abenden in 2007/08 nach oder gibt man sich in Erinnerung an den Abstieg im selben Jahr mit kleineren Brötchen zufrieden? Wohin soll die Reise gehen?   

»Wir haben unter Hecking und Bader ähnlich gute, harmonische und kontinuierliche Jahre hinter uns. Aber machen wir uns nichts vor, die Harmonie endet, wenn die sportlichen Ziele nicht erreicht werden. Muss man nur zu unserem Nachbarn schauen: Da führt Mike Büskens die Kleeblätter nach gefühlt 100 Jahren wieder in eine höchste deutsche Fußball-Spielklasse, man gibt ihm aber kaum ein Budget für Verstärkungen, verkauft den besten Stürmer und wirft ihn dann irgendwann wegen Erfolglosigkeit eben raus. Im Fußball gibt es keine Dankbarkeit. „Hans Meyer kann sich nur selbst entlassen!“ tönte unser Ex-Präsident Michael A. Roth, um ihn in der Zeit der Krise im Jahr nach dem Pokalsieg elegant (während Meyer am Platz die Mannschaft trainierte) abzuservieren. Leider prophezeie ich euch das auch, wenn Lieberknecht die Wende nicht wenigstens bis zum Frühjahr hinbekommt. So sind eben die „Mechanismen der Branche“.

Um nochmal zu uns zu kommen: Michael Wiesinger hat das Grundvertrauen, das wir jedem Trainer erst mal entgegenbringen. Zudem macht seine Vita und Vereins-Identifikation noch mal einen Extra-Bonus. Aber schon jetzt nach dem schwachen Start werden kritische Stimmen lauter. Anders als Hecking, der so manchen Sturm bezwang, muss Wiesinger sich so ein Vertrauen an der Basis eben auch erst verdienen. Was die generellen Ansprüche und Erwartungen angeht: Kunterbunt. Vor der Saison war von „müssen auch mal die Ziele weiter höher legen!“ bis „wird mal wieder Abstiegskampf“ alles dabei. Die meisten Clubfans sind aber Realisten und schauen sich den Kader im Ligavergleich an und da ist jede Saison ohne Abstiegssorgen eine gute Saison. Wenngleich man schon erwartet, dass zumindest eine kontinuierliche Entwicklung zu sehen sein sollte. Und an der Stelle sind derzeit einige sehr skeptisch…«

 

[fussballkultour] Der Saisonstart rief sicherlich in den Lagern unserer beiden Vereine keine Freude hervor. Hinzu kommt beiderseitig das Pokalaus. Einfach schlecht aus dem Startblock gekommen? Oder zieht Nervosität ein in Nürnberg und es wird gar laut an den Stammtischen?

»Die Situation in Braunschweig und Nürnberg ist trotz eines ähnlichen Saisonverlaufs nicht ganz vergleichbar. Aufstiegseuphorie ist durchaus ein Pfund, das zumindest gegen Bremen, Hamburg und/oder Frankfurt zu Zählbaren hätte führen müssen, wenn man schon auf den Aufstiegskader und damit diesen Effekt setzt. Nun ist der Effekt verpufft und die Chance den Kader zu verstärken ist auch vorbei. Keine einfache Situation, weil man Zweifel haben muss, ob die Mannschaft überhaupt von der Qualität für die Bundesliga reicht. In Nürnberg dagegen weiß man eigentlich, dass man in der Liga bleiben kann, der Kader hat das im Wesentlichen schon bewiesen. Nun galt es die durchaus guten Offensivtransfers zu integrieren und die beiden Abgänge zu kompensieren. Vor allem letzteres ist uns im neuralgischen zentralen Mittelfeld bisher nicht geglückt, nun kommt mit Hasebe ein neuer Mann, der das verspricht. Der FCN muss also wieder „zu alter Stärke“ finden, während die Eintracht sich erstmal in der Liga beweisen muss. An den Stammtischen (auch den digitalen…) wird deswegen natürlich trotzdem schon gepoltert. Und das Spiel gegen Augsburg zeigte, dass die fehlenden Ergebnisse auch zunehmend die Beine schwer machen. Die Verantwortlichen bemühen sich daher mit Kräften eine aufkommende Unruhe von der Mannschaft fernzuhalten. Ein Erfolg am Sonntag würde da sicher helfen, ein Misserfolg wäre fatal, aber auch nicht das Ende der Saison.«

 

[fussballkultour] Der Eintracht Kader wurde eher mit bescheidenen Mitteln punktuell ergänzt, auch um das Gerüst zu erhalten. Wie hat sich die Club-Elf verändert? Wo erwartet man die Stärken, wo wähnt man sich schlecht aufgestellt? Wer wird von sich reden machen?

»Wie bereits angesprochen ist der Erhalt einer Aufstiegself nebst punktueller Ergänzungen durchaus ein probates Mittel – wenn(!) die Qualität im Kader dafür reicht. Bei der Hertha aus Berlin könnte das passen, bei der Eintracht aus Frankfurt passte das letztes Jahr auch, bei Fürth ging das dafür kollosal daneben. Düsseldorf wählte die andere Option „Runderneuerung“ vergangenes Jahr – und kickt nun wieder zweitklassig. Es gibt eben keine Zauberformel.

Beim FCN müssen wir seit Jahren ständig umbauen, weil die besten abgegeben werden mussten oder nicht zu halten waren. So sahen wir Gündogan, Schieber, Ekici, Didavi, Wollscheid oder Klose kommen und gehen. Der Trainer musste um einen gewissen Kern herum ständig neu aufbauen – auch diese Saison nach den Abgängen von Klose und Simons. Jetzt aber sind wir in der Lage gewesen auch einmal Offerten abzulehnen, wie bei Kiyotake, jetzt muss die Rechnung aber auch noch aufgehen. Ginczek könnte einer sein, der von sich reden macht, der Junge macht da weiter, wo er bei St. Pauli aufhörte. Aber damit das klappt muss der Club ein großes Problem lösen: Sich eine Spielkultur für die Offensive erarbeiten. Die Spieler dazu haben wir im Grunde, fehlt nur noch an der Idee bzw. deren Umsetzung. Derzeit sieht das alles noch ziemlich konfus aus von hinten bis vorne. Vielleicht hat Hasebe ja den passenden Schlüssel dabei.«

 

[fussballkultour] Mit einem Aufstieg der Eintracht hatten nur wenige gerechnet, im Süden der Republik wahrscheinlich gar keiner. Der 1.FCN ist der Inbegriff eines Traditionsvereins. Eintracht Braunschweig war lange Zeit selbst eine Bundesligagröße. Wie wird Braunschweigs Aufstieg wahrgenommen? Ist das einfach ‚der Neue‘ oder strahlt der alte Glanz noch etwas?

»Da strahlt ganz sicher noch der alte Glanz mit durch. So überraschend der Aufstieg für uns auch kam, so sehr freuten wir uns mal wieder einen richtigen Traditionsverein zurück zu haben in der Liga. Nichts gegen die Fans von Wolfsburg oder Hoffenheim & Co., aber die meisten Clubfans wünschen sich dann eben doch lieber Teams wie Düsseldorf, Kaiserslautern oder eben Braunschweig in der Liga. Traditionsvereine sind ja nicht nur wegen ihrer Geschichte Traditionsvereine, sondern eben auch wegen ihrer gelebten Fankultur.«

 

[fussballkultour] Nürnberg vermag mit Rostbratwürstchen, Nürnberger Prozess, Christkindlmarkt, Dürer und dem Reichsparteitag schnell die fünf Finger voll zu machen. Nun ist Braunschweig zurück auf der Landkarte der Bundesliga. Was fällt einem dazu ein?  

»Jägermeister – das fällt mir da als erstes ein, und die Story außenrum hatte ich sogar als Kind mitbekommen. Dabei war die Eintracht in dem Sinne ja nicht mal „Werbepionier“ im Fußball. Aber es war eben doch spektakulär, dass man damals sogar das heilige Vereinslogo änderte, nur um da Regeln zu umgehen und Werbung platzieren zu können.
Was sonst fällt mir ein? Könnte jetzt Paul Breitner sagen, das war ja sozusagen ‚unser‘ Uli Hoeneß von Braunschweig, doch ehrlich gesagt hab ich das erst vorhin gelesen. Braunschweig? Heinrich der Löwe aus dem Geschichtsunterricht. Das war es dann aber auch. Naja und eben die Eintracht.«

 

[fussballkultour] Wir hatten ursprünglich gehofft, einen Spielbericht von euch zu bekommen. Ihr fahrt nun allerdings nicht nach Braunschweig. Was glaubt ihr dort zu verpassen? Und was nicht?

»Wir werden das ja oft gefragt, warum wir nicht da oder dort sind und uns trotzdem Fanclub nennen, obwohl wir ja keine Präsenz (zumindest als Gruppe) vor Ort haben. Aber dazu muss man unsere Geschichte kennen. Als Clubfans United 2006 nochmal durchstartete (gegründet wurde die Website schon 1995), hatte es vor allem ein Ziel: Informationsverbreitung. Gerade für die weit versprengten Fans in der ganzen Republik gab es im Internet kaum Kanäle, über die man sich (nehmen wir die oft etwas hitzigen Foren mal raus) über den FCN jenseits von kicker und Sportschau objektiv(!) informieren konnte. Wir waren da wohl mit einer der ersten, die die Informationen auch aus den regionalen Medien über das Internet zu den „Fans im Exil“ brachten – und das noch kommentiert. Zudem wollten wir auch eine etwas entspanntere Diskussionskultur etablieren. Clubfans United ist heute ein Sammelbecken von Clubfans aus ganz Deutschland (und teilweise international). Gemeinsame Aktionen sind nicht unser Ziel und eher Zufallsprodukte. Wir sind Clubfans, die oft das gleiche Problem haben: Wir leiden aus der Ferne mit. Und die, die vor Ort sind, wie bspw. unser Stefan in Nürnberg, bringen die Eindrücke aus dem Stadion zu denen nach Hause, die aus beruflichen oder persönlichen Gründen nur selten den Weg ins Stadion finden. Diese Eindrücke kombinieren wir dann mit den Medienberichten und Fanstimmen in den sozialen Medien, um uns und den Lesern ein möglichst umfassendes Bild zu verschaffen.

Ich persönlich wäre sehr gerne nach Braunschweig gekommen, weil ich es liebe in Stadien zu gehen und vor allem Fußball live am Platz zu sehen, aber Sonntag-Spätnachmittag nach Braunschweig zu reisen ist für mich einfach organisatorisch (und familiär) nicht zu schaffen. Zudem wäre eine redaktionelle Aufarbeitung des Spieltags dann zeitnah gar nicht möglich. Live-Fußball hab ich trotzdem: Am Samstag in Niederhöchstadt, wo die E1 meines Sohnes (http://www.vfb-unterliederbach-2003.de/) zum Spitzenspiel der Kreisliga antritt.«

 

[fussballkultour] Die Eintracht steht mit null Punkten auf Platz 18. Im Hinblick auf das Spiel gegen den Club auf Platz 17 wird hier bereits von einem ‚ersten Endspiel‘ gesprochen. Eine Wettquote sieht mit 2.8 – 3.3 – 2.6 einen leichten Vorteil beim Gast. Wie blickt der Clubberer dem Spiel entgegen? Ist der Pflichtsieg schon eingetütet oder löst gerade die vermeintliche Leichtigkeit der Aufgabe Bedenken aus?       

»„Pflichtsieg“ unterschreibe ich, „eingetütet“ nicht und von „Leichtigkeit“ ist nun überhaupt keine Rede. Wir sehen dem Spiel mit großer Skepsis entgegen. Einerseits fordern wir nun endlich auch mal einen Dreier, gerade gegen eine Mannschaft, die wir eben hinter uns lassen wollen und müssen, andererseits sehen wir auch, dass die Mannschaft gegen Augsburg ganz schlecht gespielt hat. Es löst also nicht die vermeintliche Leichtigkeit Bedenken aus, sondern die Schwere der Aufgabe. In der aktuellen Situation muss ein Sieg her, das kann der Kader des FCN auch schaffen, aber nicht mit einer Leistung wie gegen Augsburg.«

 

[fussballkultour] Beide Teams sind unter Zugzwang. Was ist am Sonntagabend von den Nürnbergern zu erwarten? Was für ein Spiel werden wir sehen und wie sieht eure Prognose für den Ausgang aus?

»Was ist zu erwarten? Gute Frage, nächste Frage. Was für ein Spiel werden wir sehen? Auch ne gute Frage. Wir wissen ja nicht, was Braunschweig so vorhat, wir wissen aber auch nicht, was der Club vorhat, weil das, was man zuletzt vorhatte nicht wirklich funktioniert hat. Dazu kommt die neue Unbekannte Hasebe, von dem wir nicht mehr oder weniger erwarten als die Initial-Zündung unserer Spielkultur. Aber Japaner sind ja ein sehr kulturbewusstes Volk. Der Ausgang? Als Wettquote würde ich ausgeben: 3-3-3. Von klarem Sieg bis depperte Niederlage ist leider alles möglich. Wir haben schon zwei rassige Spiele (je 2:2) mit Licht und Schatten gesehen, eine hoffnungslose, aber bravouröse Abwehrschlacht und furchtbaren Rumpelfußball. Wäre ja mal Zeit für einen sauber herausgespielten kultivierten Sieg – auch wir haben ja Träume.«

 

[fussballkultour] Habt vielen Dank für eure Einschätzung. Wir hoffen wir können zum Rückspiel von etwas weniger trüben Tabellenplätzen aus berichten. Habt ihr noch ein paar Schlussworte an das blaugelbe Lager?

»Haben wir gerne gemacht, wir pflegen den Kontakt zu den gegnerischen Fans ja auch vor jedem Spiel mit einem Interview. Der Dialog ist uns dabei ganz wichtig und führt dazu, was wir vielleicht auch als Schlussworte an das blaugelbe Lager senden wollen: Am Ende sind wir eben doch nur getrennt in den Farben, aber vereint in der Sache: Freude und Leid am Fußball und mit dem Herz bei seinem Verein.«

 

Das Email-Interview führte Florian Gottschalk mit Alexander Endl von ‘Clubfans United’.
Die Webseite der Clubberer sei an dieser Stelle noch einmal empfohlen:

www.clubfans-united.de

  2 Responses to “Ausblick: Nürnberg (2013)”

  1. Die Frage was mit TL passieren würde, sollte bis zum Frühjahr nicht ein besseres Tabellenbild erreicht werden ist in der Tat spannend. Die Mechanismen der Branche sind bekannt, der Büskens Vergleich ist durchaus passend. Irgendwie kann/mag man sich das aber doch nicht so recht vorstellen. Aber hoffen wir, dass sie sich erübrigt.

    • Ich muss gestehen, dass ich an einiges gedacht habe, aber nie an eine Entlassung unseres Legendencoachs! Denke auch nicht, dass das passiert – außer wenn D. Vasic zur Verfügung stünde… Okay, der war schlecht…

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