- Russland: Krasnogorsk

 

Kaltstart ins neue Jahr

 

Zorky_Krasnogorsk_Badge_sm HK Zorky Krasnogorsk – Uralsky Trubnik Pervouralsk  Uralsky_Trubnik_Pervouralsk_Badge_sm

08.01.2015, Russian Bandy Super League, Endstand: 9:4

Elf gegen elf um den Ball. Soweit alles wie gehabt. Und doch ist bei unserem Besuch im russischen Krasnogorsk alles ganz anders. Vor den Toren Moskaus gelegen, stellt die Stadt Krasnogorsk mit dem Sportclub ‘Zorky’ eine Hochburg des ‘Bandy’ dar. Bandy, eine Sportart britischen Ursprungs, ist heute vor allem in Schweden und Russland sehr beliebt. In Russland wird es offiziell als ‘Hockey mit Ball’ bezeichnet. Das Spiel ist ein Vorläufer des Eishockeys, ähnelt aber abgesehen vom Eis sehr stark dem Feldhockey.

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Blaugelb

Stadion und Vereinsfarben machen die Sache für uns zusätzlich interessant. Der Name des gastgebenden Clubs ‘Zorky’ ist an die ortsansässige Fotoindustrie angelehnt und bedeutet so viel wie ‘scharfsichtig’. Das gleichnamige Stadion wird über den Großteil des Jahres von der ebenfalls gleichnamigen Fußballmannschaft genutzt. Zwischen November und Februar ist es Spielstätte der weitaus erfolgreicheren und populären Bandy-Mannschaft. Diese wurde 1961 gegründet und kann drei russische Titel vorweisen. Zweitplatziert hinter ‘Jenissei Krasnojarsk’ befindet sich Zorky derzeit mitten im Titelrennen.

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Stadionkultur

Sehr angenehm bei Zorky ist das Drumherum. An den Ausläufern eines Wohngebiets gelegen, verfügt das Stadion über die nötige Infrastruktur mit Imbissen und schnörkelloser ‘Sportsbar’ direkt gegenüber vom Eingang. In einen leichten Talkessel am Waldrand eingebettet, ist es außerdem landschaftlich sehr schön gelegen. Auf dem Gelände bietet eine Bar, der ‘Zorky Club, Gelegenheit zum Aufwärmen. Zeuge von Tradition und Leidenschaft ist auch der kleine Fanshop. Er geht über das übliche Repertoire an Clubmerchandising hinaus und ist dabei zugleich Treffpunkt und Sammlerbörse.

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Gastmannschaft

Gegner am heutigen Tag ist die Mannschaft von ‘Uralsky Trubnik Pervouralsk’. Die Stadt Pervouralsk ist etwa 1800km von Moskau entfernt am westlichen Rand des Urals gelegen. ‘Pervo-uralsk’ bedeutet so viel wie ‘die erste im Ural’. Der Name des Clubs bezieht sich auf die dort ansässige Fabrik ‘Uralsky Trubni’ – ‘Uraler Röhren’. Die Mannschaft rangiert im Tabellenmittelfeld. Kurios ist der einzelne Fan, der sich im ‘Gästeblock’ einfindet.

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Spielgeschehen

Das Spiel wird über die kompletten Abmaße des Fussballfeldes ausgetragen. Es gibt flache seitliche Banden, jedoch keine neben dem Tor. Hinter dem Tor wird nicht weitergespielt. Stattdessen werden Eckbälle ausgeführt und Fouls im Strafraum werden mit einem Strafstoß geandet. Auch greift die Abseitsregel. Die Tore sind etwa so groß wie beim Feldhockey. Der Torwart hat keinen Schläger, nur Fanghandschuhe, die er zum Abwurf oder dem Einrollen kurz abstreift. Wie beim Eishockey gibt es Strafbänke und 2- und 10-minütige Strafen. Gespielt werden 2x 45 Minuten – in der Regel. Schneit es stark, wird zwecks Platzräumung auf Drittel umdisponiert. Denn darin liegt der wichtigste Punkt: Gespielt wird Draußen.

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Torflut

Die Heimmanschaft Zorky bestimmt heute schnell das Geschehen und liegt nach einer Viertelstunde 3:0 in front. Zwar ähneln die Endergebnisse häufig denen des Eishockeys, doch hier und heute werden die Weichen früh auf Sieg gestellt. Das Spiel ist schnell, und alle beteiligten nahezu immer in Bewegung. Der Ball wird sowohl hoch als auch flach gespielt. So sind hohe Bälle in die Spitze genauso zu bewundern wie gelegentlich die Brustannahme. Erstaunlich ist die Präzision im Passspiel. Die erste Halbzeit endet 7:1. In der zweiten Hälfte schaltet Zorky einen Gang zurück. Allzu oft wird die Strafbank besucht, so dass die Hälfte mit 3:2 an Pervouralsk geht. Endstand 9:4.

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Fankultur

Auf den Tribünen wird hier nicht unbedingt ein Feuerwerk abgebrannt. Die Kälte scheint auch gestandenen Besuchern zuzusetzen. Dazu ist das Spiel schnell entschieden. Eine Fankultur die über das Kundendasein hinaus geht ist aber im Bandy durchaus üblich. Bei Derbies kann es mitunter heiß hergehen. Viele Clubs in Schweden und Russland haben durchaus Ultra-Gruppierungen, wie der Link weiter unten aufzeigt. Im Gegensatz zum Profifußball sind zahlreiche Clubs der 1. Liga im asiatischen Teil Russlands beheimatet.

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Aufwärmen

Vor der Heimfahrt geht es für uns in die nahegelegene Sportsbar. Der Laden ist angenehm uninspiriert und schnörkellos. Für die, die gern etwas länger bleiben als nur bis Spielschluss ist er genau der Anlaufpunkt, den ein Stadion braucht. Wir belassen es bei Tee und lassen den Blick über die exotischen Klimbim an den Wänden schweifen. Viel Zorky, aber auch jeweils eine ZSKA und Dynamo Moskau Ecke und natürlich viel Bandy. Und eins nehmen wir mit: Bandy kann man durchaus mal machen. fg

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Fotogalerie zu unserem Ausflug (zum Vergrößern klicken)

Mehr Fussballkultour aus Russland:
Unser kurzes Video vom Spiel.
Bericht: Torpedo Moskau – Dynamo St. Petersburg
Bericht: Shinnik Jaroslawl – Spartak Moskau

Weitere Links:
Bandy Ultras – Schlichte Bildersammlung
Wikipedia über den Bandy-Sport
Wikipedia zu Zorky Krasnogorsk
Webseite Zorky
Russian Bandy Super League – Tabelle