Lotte – HB – HH

 

“Geh´ doch drüben raus, da dauert´s länger!”
Ein interessanter Trip zwischen den Ligen mit alten Bekannten

 

Samstag

 Sportfreunde Lotte – SC Preußen Münster  

12.03.2011, Regionalliga West, Solartechnics Arena, Endstand: 1:0

SV Werder Bremen – Borussia Mönchengladbach

12.03.2011, 1.Bundesliga, Weserstadion, Endstand: 1:1

Lotte

 

Auslöser für diese Reise war besagter Aufstiegsknaller der Regionalliga West, nicht zuletzt wegen des Derbycharakters, wenn der auch scheinbar mal wieder durch inflationären Wortgebrauch in der Presse herbeigeredet wurde. Per IC und Regionalbus reisten wir also in die Osnabrücker Peripherie und trafen mit üppigem Zeitpolster am ländlich gelegenen Stadion ein. Der Begriff “Arena” lässt – nichts für ungut, liebe Sportfreunde – ein wenig auf Größenwahn schließen, denn jede Menge Werbebanden und nur 3 Tribünen machen allein einfach keine Arena aus. Karten hatten wir schon über die Geschäftsstelle vorbestellt (“WO sollen die Tickets hingeschickt werden???”), was wunderbar funktionierte.

Mit knapp 5300 Zuschauern, davon wahrscheinlich locker 2500 aus Münster, wurde ein neuer Stadionrekord aufgestellt, dennoch kam, wenn überhaupt, die Stimmung aus den Gästeblocks, da es in Lotte lediglich eine kleine Schar sangeswilliger Fans zu geben scheint. Vor der West-Tribüne, auf der irgendwelche Eventfans mit Spezialschals und Fähnchen geparkt wurden, brachte das Percussion Ensemble Green Beats etwas Stimmung in die Bude, dass sie allerdings Mitte der ersten Halbzeit noch ein paar Stücke brachten war völlig daneben. Auch vor fragwürdiger Unterhaltung durch Cheerleader macht man im Tecklenburger Land nicht halt. Irgendwann war es dann doch soweit und die Mannschaften betraten den Rasen. Für Lotte ging es darum, den Anschluss im Aufstiegsrennen nicht zu verlieren, Preußen Münster wollte die Tabellenführung festigen.

Lotte In der ersten Halbzeit spielte der Gast bemüht, aber meist wirkungslos, die Sportfreunde Lotte konnten dagegen immerhin 2–3 gute Chancen erarbeiten, diese aber nicht nutzen, sodass es nach insgesamt recht verhaltenen 45 Minuten in die Pause ging. Die nutzten wir, um uns ein Taxi zu bestellen, das uns nach dem Spiel zum Bahnhof brachte, da der Zug nach Bremen zeitig gehen sollte. Nach Wiederanpfiff nahm das Spiel jedoch deutlich Fahrt auf, und folgerichtig konnten die Gastgeber in der 49. Minute nach einem Freistoß die Führung erzielen. Bald darauf kam es zu Handgreiflichkeiten auf der Haupttribüne, die erst nach mehreren Minuten beigelegt werden konnten. Der Stadionsprecher übernahm hierbei kurzerhand die Einsatzkoordination über die Stadionlautsprecher (“Bitte setzen Sie sich hin”, “Bitte die Polizei in Block…”). Münster spielte derweil bemüht aber wirkungslos weiter, und Lotte konnte die Räume nicht nutzen. Kurz vor Ende hatte man nach einem Konter die Entscheidung auf dem Fuß, der Spieler wuchtete den Ball allerdings freistehend aus 5 Metern über das Gehäuse auf die West-Tribüne.

Nach Abpfiff fanden wir dann bald das georderte Minicar und trafen nach einem kurzweiligen Schwatz mit dem Fahrer über die schöne Altstadt, die Lage des VfL und die der Eintracht pünktlich am Hauptbahnhof Osnabrück ein. Wo wir erfuhren, dass der IC nach Bremen 25 Minuten Verspätung hatte, was uns zeitlich aber nicht in größere Schwierigkeiten stürzte, wie wir dann in Bremen sahen. Dort warteten noch viele Fans auf Straßenbahnen zum Weserstadion, sodass wir uns einfach dem Strom anschließen konnten um genau rechtzeitig unsere Plätze im Oberrang, nahe der Gästeblöcke, einzunehmen.

Bremen

 

Nach dem Einlauf schwieg das Rund für eine Minute, um der Katastrophenopfer in Japan zu gedenken, danach entwickelte sich die Stimmung bei 40500 Zahlenden in beiden Lagern prächtig. Während die Bremer Anhänger eine schöne Choreographie darboten, entschied man sich im Gästebereich für andere optische Signale und ließ es leuchten. Das Spiel begann munter und ohne langes Abtasten. Werder Bremen übernahm die Initiative und spielte nach vorn, was die Gladbacher desöfteren in Nöte brachte. In der 39. Minute wurde der Gastgeber dann verdientermaßen belohnt, als Wagner eine schöne Hereingabe aus dem rechten Halbfeld einköpfen konnte und so den Pausenstand herstellte. Ein vermeintlicher Absteiger war zu diesem Zeitpunkt nicht zu erkennen. Nach dem Seitenwechsel zog sich Werder nicht zurück, verpasste es aber gegen nun abbauende und in der Chancenerarbeitung harmlose Gäste das Ergebnis trotz bester Chancen zu erhöhen, was sich mal wieder rächen sollte. Kurz vor Abpfiff zeigte der wiedergenesene Wesley ein Defensiv- bzw. Zweikampfverhalten wie meine Oma und verursachte so den Freistoß, den Dante lehrbuchmäßig zur äußerst glücklichen Punkteteilung einnickte und so die Fans von Borussia Mönchengladbach förmlich ausrasten und bis weit nach Abpfiff dieser insgesamt hochklassigen Partie feiern ließ.

In der Beschreibung unseres Hostels (Eureka B&B) hieß es, zum Weserstadion sei es ein Spaziergang von 10 Minuten. Dies entspricht nicht den Tatsachen, denn es sind erwiesenermaßen 35 Minuten strammen Marsches, dies zur Warnung der Leserschaft. Das Hostel selber war dann okay, sauber aber nicht unbedingt hübsch. In der Umgebung schließen die meisten Läden um 22 Uhr, sodass man danach zur Nahrungsaufnahme entweder weite Wege gehen oder auf zwei mäßig attraktive Dönerläden zurückgreifen muss. Nach dem Aktuellen Sportstudio sanken wir in die Matratzen, aber nicht, ohne uns an den günstigen Zugpreisen zu erfreuen. Für die Strecken BS-OS und OS-HB kostete das IC-Ticket für 2 Personen mit Bahncard25 nur je 21,75 Euro…

 

Sonntag

 SC Condor Hamburg – TuS Germania Schnelsen 

13.03.2011, Oberliga Hamburg, Sport Centrum Condor, Endstand: 1:1

 Altona 93 – Niendorfer TSV 

13.03.2011, Oberliga Hamburg, Adolf-Jäger-Kampfbahn, Endstand: 0:1

Hamburg

 

Das frühe Aufstehen fiel schwer, aber der Zug nach Hamburg wollte erwischt werden, schließlich wurde das erste Spiel des Tages bereits um 10.45 Uhr angepfiffen. Hier erwies sich das Wochenend-Ticket als gute Wahl, weil es für einen Preis die Fahrt HB-HH, die Busse und Bahnen in Hamburg sowie die Rückreise HH-BS abdeckte. Auf der Sportanlage am Berner Heerweg in Farmsen bot sich im Vergleich zum Vorabend ein totaler Kontrast. 102 zahlende Gäste, überwiegend Rentner, darunter auch eine kleine Gruppe mit schwäbischem Dialekt, die sicher die Zeit bis zum Spiel St. Pauli – Stuttgart überbrückte und uns auch den weiteren Tag begleiten sollte. Insgesamt eine Atmosphäre, die an eigene Kindheit und erste Fußballerfahrungen erinnert. Direkt neben uns standen einige ältere Herren, die in klassischster Manier ihre Kommentare zum Spielgeschehen lautstark verkündeten, es war einfach herrlich.

Germania besaß von Beginn an die besseren Chancen, geriet aber nach einem Freistoß des Tabellennachbarn durch Kopfball in Rückstand (29.). Doch nur wenige Minuten später ertönte nach einem Foul im Strafraum der Hausherren ein Pfiff des Unparteiischen, der fällige Strafstoß wurde sicher verwandelt und schon stand es nach 35 Minuten 1:1. Wer aber nun dachte, es würde eine torreiche Partie, sah sich getäuscht. Zwar legte der SC Condor in der zweiten Halbzeit eine Schippe drauf, agierte aber um den gegnerischen 16er zu fahrig bzw. nutzte die sich nun häufiger bietenden Chancen nicht konsequent. Gegen Ende wurde es nochmal spannend, da versuchten beide Teams nochmal alles um den Dreier perfekt zu machen. Doch beim Condor war es das alte Lied (Leid?) der ungenutzten (Riesen-)Möglichkeiten, und bei Germania Schnelsen konnten auch ein Abseitstor und ein guter Freistoß des eingewechselten Ex-Bundesligaprofis Stefan Schnoor das erste Unentschieden der Saison nach 9 Siegen und 9 Niederlagen nicht verhindern.

 

Hamburg

Direkt nach Abpfiff mussten wir schon wieder zur U-Bahn Richtung Altona, um an der dort gelegenen und deutlich sichtbar in die Jahre gekommenen Adolf-Jäger-Kampfbahn das Heimspiel eines weiteren Hamburger Kultclubs zu erleben. Der Altonaer FC von 1893 hatte übrigens 1908 die Norddeutsche Meisterschaft mit einem 6:3 über Eintracht Braunschweig errungen. Im Zuge der Spielvorbereitungen wurde die Anzeigetafel an einem Seil zwischen zwei Pappeln aufgehängt, und ein Protestbanner gegen den geplanten Stadionneubau gut sichtbar angebracht. Anscheinend wollen Verantwortliche das traditionsreiche Stadion verlassen und irgendwo anders einen Neubau errichten. Kritiker befürchten dadurch unter anderem gehörigen Imageverlust. Hier gibt es weitere Infos dazu. Doch auch sonst hielt das Stadionheft einiges bereit, z.B. die Namen Thomas Seeliger und Tibor Nadj, die beide mal für Braunschweig gespielt haben. Letzterer hat sich spätestens in dieser Radioreportage zum Aufstiegskrimi zur 2. Bundesliga 2002 einen Namen gemacht (“Und Nadj, schwak´ die Pille bis nach Wolfenbüttel meinetwegen. Aber immer noch nicht… Schluss!! Aus! Auuus! [...]“). Daher waren beide nach Abpfiff natürlich auch zum Fotoshooting fällig.

Ein weiterer Aufstiegsheld, Thomas Piorounek als Schütze des 2:1, war nach seiner Zeit in Braunschweig übrigens bei Preußen Münster und den Sportfreunden Lotte aktiv – seltsam wie sich der Kreis manchmal schließt…

Doch zurück zu diesem Spiel. Für Altona war es der erste Heimauftritt in 2011, und mit dem Selbstbewusstsein eines Tabellenzweiten wurde die Partie gegen den 12. angegangen. Ein Freistoß an den Pfosten des Niendorfer Gehäuses war allerdings die beste Chance der Heimmannschaft in der ersten Hälfte. In der 40. Minute schlossen dann die Gäste des Niendorfer TSV einen Angriff per sehenswertem Volleyschuss erfolgreich zum 0:1 ab, zu diesem Zeitpunkt etwas schmeichelhaft. Der zweite Durchgang begann mit einem Paukenschlag in Form eines weiteren Pfostentreffers des AFC. Nun gab es gute Tormöglichkeiten hüben wie drüben, Altona drängte, Niendorf konterte, aber alle vergaben ihre Chancen. Einziger Lichtblick waren wieder die trockenen Kommentare von den Stehplätzen um uns herum. Als die Gäste mit nervigem Zeitspiel begannen, u.a. ein Spieler bei einer Auswechslung seeehr lange brauchte, rief ihm ein AFC-Fan den Satz zu, der es dann zum Titel des Berichts geschafft hat.

Hamburg Danach gab es auch in dieser Begegnung kurz vor Ende eine strittige Szene: Ein Niendorfer zieht einfach mal ab, trifft die Latte, von deren Unterkante der Ball zurück ins Feld springt. Drin oder nicht? Nicht, sagt der Unparteiische, ist auch egal, weil bald darauf sowieso Feierabend ist. Fazit: Altona hätte gewinnen können, hätte zumindest einen Punkt verdient gehabt, aber der Ball wollte einfach nicht rein – andererseits kann Niendorf auch durchaus höher gewinnen.

Die Rückreise verlief zum Glück wieder reibungslos, zumal wir jetzt doch auch etwas erschöpft waren. Natürlich aber immer noch nicht fußballsatt genug um nicht noch ein wenig in der aktuellen Ausgabe des 11Freunde Magazins zu lesen und an den nächsten Touren zu planen.

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