- Spartak Moskau (RUS)
Heimstätte für Spartak
Spartak Moskau – Terek Grozny
16.05.2016, Premier Liga, Otkrytie Arena Moskau, Endstand: 3:0
Lang ersehntes Ende eines Gastdaseins
Vor drei Jahren saß ich im Zug von Moskau nach Jaroslawl. Für Spartak stand dort das Pokalspiel beim lokalen Zweitligisten Shinnik an und das Abteil war mit Spartak-Fans gefüllt. Ein Thema, das wir diskutierten, war das sich seinerzeit im Bau befindliche neue Stadion für Spartak.
Mein Standpunkt dazu:
Ich mag in Russland insbesondere die etwas in die Jahre gekommenen aber meist charaktervollen und durch große Bewegungsfreiheit geprägten Sowjet-Kampfbahnen. Die Aussicht, dass diese zunehmend von eher generischen Arenen zur modernen Eventinszenierung abgelöst werden, steht damit nicht unbedingt in Einklang. So in etwa gebe ich das zu Protokoll.
Ihr Standpunkt dazu:
Spartak bekommt endlich und zum ersten Mal in der 90-jährigen Vereinsgeschichte eine eigene Spielstätte. Der große russische Volksklub wurde immer irgendwie an der Leine gehalten, war immer irgendwie geduldet und durch Abhängigkeiten gebremst. Die Jungs hier kennen nur das ewige Gastdasein im großen Olympiastadion Luschniki oder wie zuletzt bei Lokomotiv. Die Aussicht auf ein eigenes Zuhause treibt ihnen Glanz in die Augen. Sie zählen die Tage. Mit dem von mir heraufbeschworenen Arena-Gespenst können sie überhaupt nichts anfangen. Das wird eben ‘ne schicke Hütte und sicher keine Bruchbude…
Knapp zwei Jahre nach der Fertigstellung bietet sich mir de Möglichkeit, diese schicke neue Hütte aufzusuchen und in Augenschein zu nehmen. Sie heißt übrigens ‘Otkrytie Arena’. Die Namensrechte liegen bei der gleichnamigen Bankengruppe.
Die Otkrytie Arena
Ein Montagabend. Das letzte Spartak-Heimspiel der Saison 2015/16 steigt gegen Terek Grozny. Durch vorangegangene Verpflichtungen verspäte ich mich und steige gut 20 Minuten nach Anpfiff in der Metro Station ‘Spartak’ aus. Die Arena ist im sich in der Neuentwicklung befindlichen Gebiet des ehemaligen Flugfeldes ‘Tushino’ platziert. Zwar ist das vorläufig die grüne Wiese par excellence, aber das Umfeld dürfte in den kommenden Jahren durchaus wachsen. Klar gibt es hier keine Eckkneipen, aber Alkohol ist rund um die Spielstätten ohnehin verboten. In jedem Fall ist ‘Spartak’ nun schon einmal Teil des Metro-Planes und das ist nach den Jahren des Wanderns schon viel wert. Diese neue Haltestation ist gut gelungen. Sie zitiert die sowjetische Tradition, Sport und Kultur feierlich im Stadtbild zu inszenieren, bedient sich aber zeitgenössischen Materialien und Formensprache.
Aus der Metro heraus lande ich direkt auf dem Gelände. Direkt ist allerdings gleich zu relativieren. Alles ist sehr weitläufig. Die Arena funkelt im Abendhimmel. Drumherum dominieren ausgedehnte Parkplatzlandschaften und eine riesige Bronzeskulptur die einen Gladiatoren darstellt, der auf einem Fußball steht, der wiederum auf einer Pyramide thront. Spartak definiert sich über das historisierende Bild des Spartiaten. Der Versuch, diese Skulptur mit dem modernenen Stadion in Einklang zu bringen scheitert allerdings: Pomp auf’s kitschigste. Ansonsten greift Spartak im Hinblick auf den Spartakiaten auf eine grafische Ebene zurück, die der Gaming-Industrie entliehen sein könnte. Dort funktioniert das Andocken in der Gegenwart deutlich besser.
Ich eile zu den Kassen. Ein Nachzüglerschalter ist noch besetzt. Ich erhalte eine Karte für die Südtribüne und bekomme bedeutet, dass es links herum geht. Der Weg holt sehr weit aus und auf halber Strecke macht Spartak das erste Tor (33). Die plötzliche Eruption der Tribünen von Außen unter dem offenen Abendhimmel wahrzunehmen erweist sich allerdings auch als ein nicht zu verachtendes Erlebnis.
Ordentlicher Kessel
Es geht hart Richtung Halbzeitpause als ich schließlich drin bin. Das Stadion weiß zu gefallen. Für russische Verhältnisse ist es von hoher Qualität. Äußerlich erinnert es fast zu sehr an das bayrische Gummiboot. Angesichts der offenen Umgebung ist es aber nachvollziebar, dass man um der Fernwirkung Willen auf ein großes leuchtendes Objekt setzt. Das Stadioninnere allerdings hat nicht mehr viel mit den Rundungen und Karomustern von Außen zu tun und wirkt etwas austauschbar. Immerhin: Die Nordtribüne hinter dem Tor kann schon sehr gut Druck aufbauen und ist eine annehmbare Wand, die Spartak gerecht wird. Insgesamt ist das Stadion mit etwa 35.000 Zuschauern gut gefüllt. In der Ecke im Oberrang sind an die 50 Mann Terek-Anhang untergebracht. Nicht viele, aber ausreichend zum Beschimpfen. Die Gäste aus der autonomen Republik Tschetschenien sind nicht gern gesehen.
Das Spiel ist ein sehr ansehnliches Auf- und Ab. Ich überlege, inwiefern diese engen und modernen Arenen mit den steilen Blickwinkeln, die Spiele besser aussehen lassen. Aber nur kurz, denn nach zwei weiteren Toren für Spartak ist auch schon bald Schluss. Ich folge dem langen Polizeispalier bis zur Metro. Gesamturteil: Gut.
Meine Abteilkumpanen von damals haben schon Recht gehabt: Spartak hat endlich sein Zuhause gefunden. fg
Fotogalerie zum Spieltag (zum Vergrößern klicken)
Fotogalerie früherer Stadionfotos (zum Vergrößern klicken)
Mehr Fussballkultour aus Russland:
Unser kurzes Stimmungsvideo vom Spiel
Bericht: Shinnik Jaroslawl – Spartak Moskau
Bericht: Arsenal Tula – Fakel Woronesch
Bericht: Khimik Dserschinsk – Torpedo Moskau
Bericht: Lok Moskau – ZSKA Moskau
Weitere Links:
Otkritie Arena
Spartak Official
Moskau Metro Plan (Linie 7)
Terek official