BFC Dyn. – Lichtenberg
BFC Dynamo – SV Lichtenberg 47
12.06.2013, Finale des Berliner Landespokals, Friedrich-Ludwig-Jahn-Sportpark, Endstand: 1:0
Ein Mittwochabend zuhause im Prenzlauer Berg. Eigentlich habe ich mich auf einen Abend an meinem Schreibtisch eingestellt, auf dem sich noch einiges an Arbeit auftürmt. Die Balkontür ist geöffnet und ich horche auf, als auf der Straße ein Ruf erklingt: ’Dy-na-mo‘. Klar, Dynamo – ich hatte doch über das Finale des Berliner Landespokals gelesen und die Nummer scheint hier und jetzt zu steigen. BFC Dynamo gegen den SV Lichtenberg 47, 19 Uhr im Friedrich-Ludwig-Jahn-Sportpark, weiß auch Google schnell zu bestätigen. ‚Schauen wir uns mal an‘ sagt auch mein Kumpel kurzentschlossen und bei nur noch 40 Minuten bis zum Anpfiff geht es unumwunden hinaus in den Sommerabend.
Auf der Straße treffe ich noch einen Nachbarn, Unioner. Er winkt ab, als er von unserem Vorhaben hört. Angesichts des sichtlich erhöhten Radaubrüderaufkommens im Viertel ist er bereits bedient. In der Tat sieht das etwas anders aus heute. Prägen sonst vor allem zugezogene Hipsters und die in die Jahre gekommene Boheme die Umgebung, gesellen sich heute vermehrt breitschultrige Berliner mit adrett kurzen Haaren dazu. Ausgezeichnet. Der nette, doch oft zu besonnene Stadtteil kann einen charmanten Schlag Fußball und ein bisschen Remmidemmi ruhig einmal wieder vertragen. Zwar verspricht die Paarung nicht gerade Brisanz, aber durchaus etwas Gewühl.
Für den BFC ist es mal wieder ein großes Spiel. Er hat die Saison als Dritter der Oberliga NOFV-Nord, also der 5. Spielklasse beendet. Im Schnitt kamen laut transfermarkt.de 492 Zuschauer zu den Heimspielen im Sportforum Hohenschönhausen. Bonjour Tristesse – wie auch unser letzter Bericht von dort zeigt. Für den BFC-Anhang sind wichtige Spiele wie das heutige mit einer Rückkehr in den Prenzlauer Berg verbunden. Zu DDR-Zeiten hatte der Friedrich-Ludwig-Jahn Sportpark Meisterschaften des BFC und erinnerungswürdige Europapokalabende gesehen. Dieser Tage geht es lediglich gegen den Liga- und Stadtteilnachbarn SV Lichtenberg 47. Aber gerade angesichts der gegenwärtig eher trüben Realität, stellt ein Gewinn des Landespokals einen ernstzunehmenden Erfolg dar. Dem Sieger winkt durch die Teilnahme am DFB-Pokal ein weiteres großes Spiel. Für uns stellt sich vor allem die Frage, wie viele Anhänger der BFC für das heutige Pokalfinale noch zu mobilisieren vermag.
Für Lichtenberg, die die abgelaufene Oberligasaison mit einem für einen Aufsteiger achtbaren 9. Rang beendeten, stellt die erste Finalteilnahme im Wettbewerb ebenfalls einen großen Anreiz dar. Mehr zu den 47ern zeigt unser Bericht aus 2011.
Am Haupteingang herrscht reger Andrang, doch es gibt ausreichend Tageskassen. Wir entscheiden uns für den BFC Bereich auf der Gegengeraden. Stolze 10€ kostet der Spaß, dafür ist das Programmheft umsonst. Beim Einlass wird verkündet, dass das Spiel aufgrund des großen Andrangs erst 15 Minuten später begänne.
Der BFC Anhang jedoch scharrt keineswegs mit den Hufen. Ganz gelassen geht es zu. Man kennt sich, man begrüßt sich und erfreut sich sichtlich daran, einmal wieder in derart großer Runde zusammenzukommen. Es liegt ein Hauch von ‚Alten Zeiten‘ in der Abendluft, wenn sich hartgesottene Jungs so herzlich begrüßen. Ähnlich ist auch die Stimmung während des Spiels. Man feiert sich selbst, singt die alten Lieder und verfolgt das Spiel eher halbherzig. Hier und heute muss man niemandem etwas beweisen. Die Vielzahl des eigenen Anhangs spricht bereits für sich.
6381 Zuschauer haben sich eingefunden, 5000 davon stehen hinter dem BFC. Mag es auch auf den Tribünen der Fünftklassigkeit naturgemäß etwas lichter werden, bei großen Anlässen wie diesem erfreut sich der BFC weiterhin vieler Freunde. Darüber hinaus bemerkenswert sind vor allem zwei Dinge: Die enorme Anzahl an Zaunfahnen, die das halbe Stadion umfasst und die anerkennenswert hohe Kantendichte unter den Besuchern. Man muss kein Soziologe sein, um zu erkennen, dass der BFC kein Klatschpappenclub ist.
Auf der gegenüberliegenden Seite, im rechten Teil der Haupttribüne hat sich eine Kolonie aus Lichtenberg-Fans formiert und bietet den Kräfteverhältnissen entsprechend einen passablen Auftritt dar. Als die Mannschaften Einlaufen, zeigen beide Lager eine Choreografie. Schön beim BFC ist, dass man sich auf die jüngere Vergangenheit und den Titelgewinn 2011 bezieht.
Etwas mehr Mühe hätte man sich seitens der Organisatoren geben können. Immerhin ist dieses ganz ordentlich besuchte Finalspiel des Landespokals für alle direkt Beteiligten der Höhepunkt der Saison.
Angesichts dessen ist es etwas unverständlich, dass das Gestänge der Hammerwurfanlage nicht demontiert wurde und ein Großteil des BFC-Anhangs mit einer Sichteinschränkung leben muss. Auch Flutlicht hätte der zweiten Halbzeit und den Feierlichkeiten ganz gut getan.
Das Spiel selbst ist schnell erzählt. Dynamo geht bereits nach 5 Minuten durch Kevin Gutsche in Führung und wirkt in der ersten Halbzeit deutlich energischer und selbstbewusster als die blassen 47er. Ohne weitere Treffer geht es in die Pause. In der zweiten Halbzeit findet Lichtenberg dann ins Spiel und kann vor allem über die rechte Seite eine Vielzahl guter Angriffe vortragen. Ein ums andere Mal hat der BFC Glück, weil die 47er denkbar knapp scheitern. Bis in die Nachspielzeit muss Dynamo zittern, als Lichtenberg eine letzte, vorzüglich vorgetragene Stafette nicht verwerten kann. Der sehr sehenswerte Angriff ist auch in unserem Video zum Spiel eingefangen. Es bleibt beim 1:0 und die Dynamo Fans genießen es, einmal wieder oben auf dem Zaun zu thronen und ihre Mannschaft zu feiern. Auch die Lichtenberg Elf wird von ihren Anhängern mit Beifall bedacht. Dank der starken Leistung in der zweiten Halbzeit hätte sie hier sicher den Ausgleich verdient gehabt.
Den Landespokal im Schrank und die 1. Runde des DFB-Pokals gesichert, kann der BFC selbstbewusst und ambitioniert in die kommende Saison blicken. Sollte die Auslosung für die 1. Hauptrunde es gut mit dem BFC meinen, käme man bald wieder für ein großes Spiel hier im Prenzlauer Berg zusammen. fg
Hier ist auch das Video zum Spiel zu sehen.
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