Lübeck und Hamburg

 

Ein DFB-Pokal Wochenende im Norden

 

 VfB Lübeck – Eintracht Braunschweig 

17.08.2012, DFB-Pokal 1.Runde, Stadion an der Lohmühle, Endstand: 0:3

Bei strahlendem Sonnenschein und mit Klimaanlage an Bord des Ford fiel der Startschuss gegen 14 Uhr. Trotz Stauwarnungen wurde die Autobahn der B4 vorgezogen, und zunächst lief alles wie am Schnürchen. Ab Kreuz Hamburg Süd jedoch 15 km Stau wegen Baustellen und starkem Ostseeanreiseverkehr. Ab 18 Uhr sollte der Schlüssel für unser Zimmer im Rucksackhotel Lübeck bereitliegen und um 19 Uhr das Spiel beginnen – es wurde eng, aber dann doch noch eine Punktlandung. Die drei Berliner Freunde waren allerdings schon vor uns Vieren da, sodass nach kurzer Begrüßung das Zimmer noch schnell bezogen werden konnte.

Lübeck Ein Großraumtaxi brachte uns dann dekadent aber schnell zum Stadion an der Lohmühle, und pünktlich zum Einlauf standen wir im Gästeblock, der mit etwa 2.500 Gästen gut gefüllt war. Doch was war das? Die Spieler gingen wieder vom Feld. Hä? Dann die Durchsage: Das Schiedsrichtergespann war noch nicht bereit. Aha. Sachen gibt´s… Währenddessen begrüßte die Lübecker Kurve die Braunschweiger mit einem großen Banner, auf dem ein holpriger Reim mit “…zusammen zum Ziel… wir hassen Pauli, wir hassen Braunschweig und wir hassen Holstein Kiel” stand. Wer im Vorfeld noch zweifelte, wie dankbar man als Einträchtler dem VfB noch sein muss/darf (siehe diese Zeilen zur laufenden Saison) hatte nun eine klare Antwort auf seine Frage bekommen. Zur Antwort der Gästefans kommen wir aber später noch. Nun erfolgte der richtige Einlauf vor 6411 Zuschauern, währenddessen hatten die Lübecker ein weiteres Riesenbanner mit Logo und Farben drauf gehisst. Nett anzusehen.

Lübeck Mit dem Anpfiff wurde Braunschweig seiner Favoritenrolle gerecht und kontrollierte das Spiel. Erste Chancen schon nach wenigen Minuten, das Führungstor fiel dann auch folgerichtig in Minute 13 durch Neuzugang Kratz, der sich mal wieder als richtige Verstärkung erwies. Den Rest der ersten Hälfte spielte der Nord-Regionalligist VfB Lübeck noch mit, mehr kam da leider nicht, und allein Keeper Toboll machte sich einige Male richtig lang und hielt das Ergebnis fest. In der zweiten Halbzeit dasselbe Bild. Eintracht am Drücker, und wenn mal ein Lübecker Konter lief, wurde der meist vor Abschluss geklärt. In der 67. Minute, als gerade die Schals hochgingen, um die Meisterschaft 1967 zu besingen, verwertete Boland ein feines Zuspiel vom Ex-Lübecker Kruppke zum 2:0, natürlich sehr zum Jubel der blaugelben Fans. Mit dem 3:0 nur 2 Minuten später, erneut durch Kratz, war die Sache dann endgültig klar. Der Rest ist schnell erzählt. Rote Karte in der 70. für den Lübecker Kapitän nach Tätlichkeit gegen Kumbela, kurz vor Ende dann noch die größte Chance der Gastgeber (also die größere von beiden), doch auch die wurde von der stets wachen Defensive vereitelt. Mittlerweile musste der VfB-Fan als solcher kräftig leiden. Natürlich durch das schwache Spiel ihres Teams und das noch schmeichelhafte Ergebnis, aber auch durch die derben Gesänge der Braunschweiger. Wer sich mit so einer Choreo derart weit aus dem Fenster lehnt, muss natürlich mit solchen Antworten leben… und wer selber schonmal in so einer Situation war, müsste wissen, wie sowas schmerzen kann.

Lübeck Nach dem Schlusspfiff suchten wir nochmal das Hostel auf (diesmal zu Fuß), um uns ausgehfertig zu machen. Dabei konnte man einige schöne Blicke auf die Lübecker Altstadt erhaschen, die auf den Bildern vielleicht nicht so gut rauskommen. Durch die berühmte weil herausragende Fussballkultour-Web-Recherche erhielt Lemmys Bier Pub den Zuschlag für einen länger dauernden Besuch unsererseits. Eine kleine Raucherkneipe mit Riesen-TV-Screen im WM-Raum (siehe Fotos). Bis nach 4 Uhr wurde gefeiert, mehrmals das Spiel vom Abend im Re-Live gesehen, Pommes, Burger und Currywurst gegessen und mit Wirtin Waltraud gequatscht. Im Netz hieß es, dass man beim ersten Mal als Fremder kommt und als Freund geht – so ähnlich haben es viele von uns empfunden. Nicht zuletzt dadurch, dass Waltraud, die auch spendiertem Sekt gerne die Kohlensäure rausquirlt, sich mit zwei Runden ganz feinem polnischen Wodka revanchierte und die Gespräche auf Augenhöhe und sehr offen führte. Beim nächsten Lübeck-Besuch ein Pflichttermin, hoffentlich dauert es nicht wieder Jahre bis dahin…
Einige zogen dann noch weiter, u.a. ins HÜX, u.a. für mich war aber das Hostel der letzte Anlaufpunkt dieses, nun ja, Abends.

 

 SC Victoria Hamburg – SC Freiburg  

18.08.2012, DFB-Pokal 1.Runde, Stadion Hoheluft, Endstand: 1:2

Auch der zweite Tage begann sonnig. Während ein Teil das Frühstück im nebenan gelegenen vegetarischen Bistro Affenbrot einnahm, zog es den anderen Teil in die Altstadt. Der dritte Teil schlief einfach weiter. Die Lektüre der Lübecker Tageszeitung ergab, dass das Verhältnis zwischen Medien und Verein mittlerweile ziemlich gestört ist. Sah der Artikelschreiber “nur” ein schwaches Spiel statt eines Pokalfights des VfB, langte der Verfasser des Kommentars richtig hin und sprach der Mannschaft jegliches Ehrgefühl ob des kollektiven Versagens dieses große Spiel betreffend ab. Eieieieiei. Alle zusammen an einem Strang sieht anders aus. Gegen 12 Uhr trafen sich alle wieder, um die weitere Tagesplanung zu besprechen. Die Berliner wollten nicht nach Hamburg fahren, sondern lieber mit einer Freundin, die in Lübeck lebt, zum Timmendorfer Strand, genauer nach Niendorf. Diese Idee fand großen Anklang, und 40 Minuten und eine Mautzahlung von 1,30 Euro später standen wir alle am Freistrand an der Ostsee.

tim05

Es war herrlich, genau die richtige Erfrischung für einen heißen Tag, auch wenn man nur bis zu den Knien hineinwatete. Dort hätten wir durchaus noch länger bleiben können, wären da nicht das Spiel um 15.30 Uhr und die bereits erworbenen Eintrittskarten gewesen – also ich für meinen Teil bin noch nie so ungern zu einem Etappenziel einer Fußballreise aufgebrochen. So trennten sich dann unsere Wege wieder, als wir uns endlich aufraffen konnten. Noch ein Fischbrötchen auf die Faust und ab zum Auto, denn bis Anpfiff blieb dank der Trödelei noch knapp eine Stunde. Erschwerend kam noch hinzu, dass keiner einen Anfahrtsplan bzw. ein internetfähiges Telefon hatte, sodass die Anfahrt quasi blind nach Straßenatlas erfolgte. Aber nach nur ein Mal Fragen passierten wir das ehrwürdige Stadion Hoheluft, wo auch sogleich ein freier Parkplatz zu besetzen war.

Hamburg

Mitte der ersten Halbzeit nahmen wir endlich unsere Stehplätze ein, dank der unbürokratischen Hilfe am Einlass. Eigentlich galten die Karten für einen anderen Block, aber da hier noch Platz war und das Spiel schon lief, schickte man uns nicht zu einem anderen Eingang sondern ließ uns ein. Vorbei also an den Victoria Ultras, die sich trotz der kleinen Zahl große Mühe gaben, permanent Stimmung zu machen, was auch ganz gut gelang. Sogleich erfuhren wir, dass es schon 1:1 stand – nach Führung der Freiburger in Minute 11 erfolgte postwendend 1 Minute später der Ausgleich durch den frischgebackenen Regionalligisten. Zu allem Überfluss hatten die Gastgeber schon in der 6. Spielminute einen Elfmeter verschossen. Scheinbar hatten wir das Beste schon verpasst.
Vom Spielverlauf ähnelte es dem gestrigen Spiel. Der SC Freiburg dominant, allerdings über weite Strecken harmlos, auch weil die Abwehrarbeit des SC Victoria Hamburg energisch verrichtet wurde. Dennoch ging es mit einem deutlichen Chancenplus der Gäste in die Kabinen, und die Toten Hosen sangen wieder mal von “Tagen wie diesen”. Na, vielleicht würde es ja einer werden, den man nicht so schnell vergisst – für wen auch immer.

Hamburg Nach Wiederanpfiff stachen dann auch die etwa 400 Freiburger Fans aus dem gewohnten Bild heraus. Nicht mit dem weiterhin bemerkenswert trägen, sporadischen Support, dafür aber mit Rauch, einem Bengalo und ein- zwei Knallkörpern sorgten sie für Aufsehen, was in einer kurzen Spielunterbrechung und der Androhung eines Spielabbruchs bei einem weiteren Vorfall gipfelte. Danach war erstmal längere Zeit komplett Ruhe im Gästeblock. Auf dem Feld dagegen mühte sich “Vicky” (gelesen in den Lübecker Nachrichten) aufopfernd, den Angriffswellen der Freiburger standzuhalten. Die Hoffnung im Publikum stieg mit jeder Minute. Vielleicht nicht auf die große Sensation, denn die Kräfte der Offensive schwanden doch zusehends, und die Einwechslungen erwiesen sich nicht gerade als Verstärkung, so doch zumindest auf eine Verlängerung. Diese Hoffnung wurde unter lautem Aufstöhnen der Heimfans in der 80. Minute zunichte gemacht, als plötzlich der vor 3 Minuten eingewechselte Freis frei vor dem Tor an den Ball kam und dem sonst guten Keeper Schau das Ding zum 1:2 ins Nest, äh, Netz legte. Die Hausherren warfen zwar nochmal alles nach vorn, aber der Akku war einfach zu leer als dass der Bundesligist nochmal in Bedrängnis kam. Kein Tag wie diese also, trotzdem bedachte der Großteil der 4375 Zuschauer ihr Team – anders als bei Ligakonkurrent Lübeck – nach Spielende mit kräftigem Applaus für einen bravourösen Kampf.

Auf dem Weg zum Auto wurde kurz erörtert, ob man nochmal zum Strand fährt und später von dort nach Hause, aber dringende Abendplanung machte einen Strich durch diese Rechnung. Also lenkte der Fahrer seinen Silberpfeil Richtung Süden, beinahe hinein in die untergehende Sonne…

 

Bildergalerie (zum Vergrößern klicken)

 

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